SS 2016
Methodische Gestaltungsübung 2 - MGÜ 2
FIRST STEPS IN CHINA PORCELAIN
Projekt-und Präsentationsimpressionen
BA 2. Studienjahr
FIRST STEPS IN CHINA PORCELAIN - Methodische Gestaltungsübungen 2 (MGÜ 2)
In dem Semesterprojekt stehen die intensive Auseinandersetzung und Arbeit mit Porzellan und dessen Formphänomenen sowie die Vermittlung handwerklich-bildnerischer Fertigkeiten im Vordergrund. Dabei gilt es der Maxime “Working like a craftsman - Thinking like a designer” zu folgen.
Die materialästhetischen Merkmale des Porzellans wahrzunehmen, zu erkennen, mit einer ganz persönlichen Sprache zu definieren und diese Worte und Assoziationen in passende Bilder zu transferieren, markiert den Beginn des Projektes. Die Anwendung der Studiobautechniken ermöglichen eine schnelle, spielerische Umsetzung formaler Fragestellungen, die Beleuchtung funktionaler Aspekte und daraus die Entwicklung von einfachen Produktideen in Porzellan. Durch den direkten Umgang, dem eigenen Ausprobieren und dem „Begreifen“ des Werkstoffes Porzellan sollen Materialgrenzen ausgelotet und formale Qualitäten herausgearbeitet werden.
Studierende:
Eunyoung Cho, Selina Weber, Julia Wende, Anna Wanitschke, Nathalie Treutner, Ulrike Silz, Emilia Lucht, Martin Cirillo-Schmidt
Betreuerin:
Dipl. Des. Steffi Auffenbauer
GLEICHGEWICHT
Man lässt die Dinge in Ruhe, und alles ist im Gleichgewicht. Doch meist ist das Gegenteil der Fall. Viele Dinge haben die Neigung, von sich aus eher im Ungleichgewicht zu sein. Gleichgewicht scheint etwas zu sein, was man erst erzeugen muss. Die Balance der Dinge ist die Grundlage meines Semesterprojektes. Meine Arbeiten untersuchen in zweierlei Hinsicht das Gleichgewicht und spielen optisch mit dem Widerspruch der Gravitationskraft und der Hebelkraft. Entstanden ist eine Vasenstudie. Rein optisch müsste die Form kippen, sie provoziert und irritiert den Betrachter, da die Standfläche der Vase so klein und der Schwerpunkt so weit nach oben verlagert ist. Ausgleichend wirkt der versteckt liegende Magnet im Fuß der Vase und die kleine Metallschiene. Beide zusammen garantieren die Standfestigkeit des Porzellangefäßes.
Martin Cirillo-Schmidt
DIVIDUUM
Dividuen sind Gefäße, die als Teil an sich exsistieren können, aber im Zusammenschluss mehr sein können. Die Kombinationsmöglichkeiten
der Einzelelemente sind vielfältig - je nach Bedarf und Wohlgefallen des Benutzers. Das Zusammenfügen wird durch die zehneckige Form
bewusst wahrgenommen. Bei einer rotationssymmetrischen Form, wie ich sie aus einem Gipsmodell erhalten würde, wäre das Passmoment am runden Gefäßrand beliebig. Bei der kantigen Form, die ich am Styrocutter in der digitalen Werkstatt gefertigt habe, muss sorgfältig Kante auf Kante und Ecke an Ecke gesetzt werden. Sobald das geschehen ist, ist das Dividuum vervollständigt und kann, auf dem einen oder anderen Teil stehend, als Behältnis für Kostbarkeiten dienen. Durch den Prozess des Modellbaus besitzen die Gefäße einen besonderen Oberflächenkontrast. Zum Einen die, wie das Styrocut-Modell strukturierte und als Biskuit belassene, Außenseite und zum Anderen die homogene Oberfläche des glasierten Inneren.
Ulrike Silz
GIESSSTUDIE
Inspiriert durch meine formalen Gefäßstudien, die narrativen also erzählenden Charakter haben sollten, entstanden im ersten Teil des Projektes Zylinder mit herausgeformten Schnäbeln und Nasen, welche als Tüllen und Schnaupen dienen. Diese formale Spielwiese, trieb mich weiter an die plastischen und formalen Möglichkeiten von Schnaupen und Tüllen am Gefäß zu untersuchen, sowie deren Giesseigenschaften zu überprüfen. Bei meiner Suche nach der optimalen Tülle und Schnaupe ging ich die finale Aufgabe ganz praktisch an. Wiederum ausgehend von einem zylindrischen Grundkörper wurden durch Verformen, Ausformen und Ansetzen Schnaupenvarianten geschaffen und wiederum analysiert. Um eine mögliche Bandbreite an unterschiedlichen Ausgusslösungen zu schaffen, arbeitete ich direkt im Porzellan, ohne feste Formen. Ebenso wurden Tüllen additiv angesetzt oder mit Halbwerkzeugen (Rohr/Schläuche) kombiniert.
Natalie Treutner
IM INNEREN
Aufbauend auf die erste Aufgabe ‚filigran‘ versuchte ich meine Vorstellungen, Bänder innerhalb zylindrischer Grundformen einzusetzen, zu erweitern. Wie muss die Herstellungstechnik verändert werden im Hinblick auf andere Dimensionierungen? Wie stellt man solche Innenraumverbindungen gleichmäßig und in Serie her?
Schnell wurde klar, dass die Technik des Angarnierens im Inneren für diese hohen Zylinderformen nicht in Frage kommt, da sich die dünnen Bänder nicht ausreichend kontrollieren lassen. Warum also nicht gleich einen kompletten Ring mit Band in die neue Form einsetzen?
Dafür stellte ich weitere Gipskerne her, welche sich passgenau in die bereits gegossenen Werkstücke stellen lassen. Je nach Gießtechnik und Positionierung des oder der Ringe lassen sich so zahllose Variationen der zunächst sehr grundlegenden Zylinder bilden. Der Fokus der Arbeit liegt dabei klar auf der Gestaltung des Gefäßinnenraums.
Um dem Betrachter einen Einblick in das Innenleben meiner Zylinder zu ermöglichen, hängen sie als Gruppe im Raum. Keiner der Zylinder wird einzeln als Endprodukt präsentiert, da jedes Stück einen neuen Ansatz und einen weiteren Schritt in der Studie darstellt.
Julia Wende
FORMSTUDIE I
Inspiriert durch die Zylinderserie mit Öffnungen in der Gefäßhaut die brachial und gewaltig, durch ihre ausgefransten Randabschlüsse, wie Schusslöcher wirkten, vertiefte ich in der finalen Aufgabe meine Untersuchungen zu Gefäßöffnungen. Die Dimensionierung der zylindrischen Grundkörper vergrößernd, stand die Verbindung der strengen geometrischen Grundform mit einem daraus amorph wachsenden asymmetrischen Hals / Randabschluss im Vordergrund. Es entstanden drei Gefäßkörper, welche sich in Proportionen und Form voneinander unterscheiden und dennoch den Charakter einer Formfamilie mit einem harmonischen Dreiklang bilden.
Die Serie zeichnet sich durch ihre aufwendige Fertigung aus. Während ich den rotationsymmetrischen Grundkörper an der Gipsdrehscheibe erstellte, schnitzte ich die asymmetrischen Halspartien im oberen Teil aufwendig mit dem Messer aus dem Gips heraus. So tastete ich mich an die gewünschten Formen heran. Entstanden ist eine Reihe von Vasenkörpern, die zum Anfassen verführen soll.
Selina Weber
DOSE: BLOPP/ AUS EINEM GUSS:
Rauhes Porzellan. Eine Konnotation die auf den ersten Blick eher fremd wirkt. Aber gerade das perfekte und somit unnahbare an Porzellan hat mich fasziniert. Es hat mein Interesse geweckt durch ein Gegensatzpaar Spannung zu erzeugen. Ich war inspiriert von der Bruchkante eines ansonsten vom Wasser glatt geschliffenen Steines. Dies habe ich versucht in einem Gefäß zu vereinen. Ein geschlossen gegossenes Gefäß aus Porzellan springt durch die Ausdehnung der Luft im Inneren beim Glattbrand auf. Dieser Umstand hat mich auf die Idee gebracht Dosen zu gestalten, welche ich als einen geschlossenen Körper gieße. Die sich ausdehnende Luft im Inneren lässt das Gefäß an der Sollbruchstelle brechen. Hierzu kann entweder ein Vakuum, oder Hitze dienen. Dies spart in der Produktion viel Handarbeit, da nur eine Form benötigt wird und alles aus „einem Guss“ entsteht.
Emilia Lucht
InEinAnder
Es befinden sich zwei Zylinder untrennbar ineinander, was mit Hilfe der Schwindung des Porzellans während des Brandes möglich war.
Der innere Zylinder wird zunächst zwei mal gebrannt, schwindet somit maximal und wird anschließend in den noch kaum von der Schwindung betroffenen, weil erst ein mal gebrannten, größeren Zylinder gesetzt. Anschließend werden beide ineinander gestellten Zylinder gemeinsam hoch gebrannt, wobei der äußere um den inneren Zylinder schwindet und ihn einschließt. Ein Raum im Raum ist entstanden.
Dem Prinzip der verbundenen, aber dennoch beweglichen Körper habe ich eine Anwendung gegeben: Eine Leuchte. Durch die Perforationen des inneren und äußeren Körpers und die transluzente Eigenschaft des Porzellans können verschiedene Schattenspiele und Stimmungen mit Hilfe des im inneren angebrachten und nach außen strahlenden Lichts erzeugt werden.
Anna Wanitschke