Geschichte der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle
Von den Anfängen bis zur Gegenwart
1915 – 1925
Die Handwerkerschule der Stadt Halle, hervorgegangen aus der Vereinigung der Provinzial-Gewerbeschule (1852) mit der Gewerblichen Zeichenschule (seit 1870) wird von Paul Thiersch im Sinne der Ideen des Deutschen Werkbundes und dessen Kunstgewerbeschulreform zu einer modernen, an der Praxis orientierten Kunstgewerbeschule mit ausbildenden und produzierenden Werkstätten erneuert: Künstlerische Fachklassen mit angeschlossenen Lehrwerkstätten, in denen die Ausbildung ohne akademische Einengungen, also auch ohne feste Lehrpläne, im Sinne eines verklärten Bauhüttenideals erfolgt.
1915
Berufung des Architekten Paul Thiersch als Direktor (bis 1928); Einrichtung einer Klasse für Architektur und Raumausstattung
1916
erste Gründung innerhalb der neuen Kunstgewerbeabteilung: Fachklasse für kunstgewerbliche Frauenarbeiten, darin eingeschlossen eine Emailwerkstatt; diese Klasse bildet den Grundstein für die später nach Gewerken getrennten bildkünstlerischen und kunstgewerblichen Fachklassen; Einrichtung einer Klasse für Bildhauerei
1917
erste künstlerische Arbeit im Auftrag der Stadt Halle: Ausmalung des Treppenhauses im neu erbauten Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle
1918
das neue Ausbildungskonzept im Sinne des Werkstattprinzips spiegelt sich in der neuen Bezeichnung: Handwerker- und Kunstgewerbeschule der Stadt Halle
1919
systematischer Ausbau der Werkstätten mit Unterstützung durch den Oberbürgermeister der Stadt Halle, Richard Robert Rive, der in Thierschs Plänen die Chance erkennt, Halle als Kunststadt bekannt zu machen; die Gründung des Bauhauses in Weimar versteht Thiersch als Konkurrenz, sieht gleichwohl darin die Richtigkeit seines Weges bestätigt und argumentiert vor diesem Hintergrund seine weiteren Anträge zum Ausbau der Werkstätten; Einrichtung einer ersten Klasse für Malerei; Einrichtung einer Werkstatt für Metallbearbeitung
1920
Einrichtung einer Werkstatt für Baukeramik, ab 1922 auch für Töpferei; Eröffnung einer Buchbindewerkstatt und einer Textilwerkstatt; die Schule stellt kontinuierlich juryfrei auf der von Richard Graul gegründeten Grassimesse in Leipzig aus; ihre Erzeugnisse werden auch in Berlin, Köln und Hamburg regelmäßig angeboten
1921
die Unterburg Giebichenstein, von der Stadt Halle 1918 erworben, wird 1921/22 nach Plänen von Wilhelm Jost und Paul Thiersch umgebaut, um die Bedeutung der Schule, wie Thiersch schrieb, auch in ihrer äußeren Gestalt zum Ausdruck bringen zu können; die Emailwerkstatt wird eigenständig geführt; Teilung der Klasse für Architektur und Raumausstattung in zwei selbständige Klassen; erste Bühnenausstattungen und Kostümentwürfe, ab 1925 Einrichtung eines Meisterateliers für Bühnenausstattung (bis 1933)
1922
Vollendung des Umzugs der kunstgewerblichen Abteilungen in die Unterburg Giebichenstein; die Schule heißt jetzt Werkstätten der Stadt Halle / Staatlich-städtische Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein; Beginn grundlegender Unterweisungen in Schrift, Aktzeichnen und Kunstgeschichte, parallel zur Werkstattausbildung; Ausbau der Buchdruckerei
1923
Verfügung der Stadt Halle zur Abtrennung der Handwerkerschule, die fortan mit ihren Baugewerk- und Maschinenbauklassen der Gewerblichen Berufsschule untersteht; aus der Werkstatt für Metallbearbeitung entsteht eine Klasse für freie und angewandte Metallplastik mit betont funktionalistisch bestimmten Modellentwicklungen