Foto: Aus 'Verwundene Fäden', Deborah Jeromin
Fallschirmseide
BurgMaterial lädt am 9. November 2023 um 18 Uhr zum Vortrag der Künstlerin Deborah Jeromin in die Materialsammlung ein
"Ich bin dem Material gefolgt. Dem Faden. Dem seidenen Faden. Er ist das Garn, das in dieser Arbeit immer wieder auftaucht als Verbindung, als Verweis, als Projektionsfläche, als Anlass, als Beispiel, als Gewebe und als Behälter.
Diese Geschichte beginnt mit einer zufälligen Entdeckung in meinem Leipziger Kleingarten: In der Chronik des Vereins Hoffnung West 1926 e.V. las ich, dass dort im Dritten Reich Seidenraupenzucht betrieben wurde. Daraufhin folgte ich den Fäden – vom Maulbeerstrauch und der Seidenraupe zum Fallschirm und der Luftlandeschlacht nach Kreta, zu Zeitzeuginnen, die in Berührung mit dem Material gekommen, das in sie eingeschrieben war.
Der Faden selbst ist auch einer Metamorphose unterworfen: Er ist sowohl im Maulbeerblatt als auch in der NS-Propaganda vorzufinden. Von unten nach oben schlüpften die Seidenraupen durch Lochkarten, um das Maulbeerblatt zu erreichen. Aus zwei Drüsen wird mit einer Bewegung in Form einer 8 der Kokon gesponnen. Mit mehreren Kilogramm Seide schwebten die Fallschirmjäger und Waffenkisten der Wehrmacht auf Kreta zu und markierten den Beginn einer Terrorherrschaft."
Deborah Jeromin ist bildende Künstlerin und wohnt in Leipzig und auf Kreta. Sie beschäftigt sich hauptsächlich mit historischen Themenkomplexen, die sie aufarbeitet und in unterschiedlichen Medien künstlerisch zugänglich macht. Ihr Interesse gilt textilen Handarbeits- und Erinnerungsprozessen, feministischer Geschichtsschreibung und NS-Orten. Zu ihrem Projekt über die Seinderaupenzucht hat sie den Dokumentarfilm „Verwundene Fäden“ und das Buch „Fallschirmseide“ veröffentlicht.
Der Vortrag findet am 9. November 2023 um 18 Uhr in der Materialsammlung statt. Alle Studierende, Lehrende und weitere Interessierte sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.
Foto: Spector Books