Exkursion in den Harz: "Starke Räume"
April 2015

Initiator: Prof. Rolf Wicker

Foto: Rolf Wicker

Exkursion in den Harz, Nordhausen - Halberstadt - Quedlinburg,  29. April 2015

Besuchte Orte  KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora (Nordhausen) - John-Cage-Projekt ORgan2/ASLSP (Halberstadt) - Lyonel-Feininger Galerie und Stiftskirche/Dom (Quedlinburg)

Teilnehmer  Mareike Braun, Eri Hayashi, Leonard Korbus, Paula Schneider, Polina Tretjakova, Cornelia Buchheim, Philipp Hoffmann, Thomas Kirchner, Annegret Streu, 
Tina Zollatz, Antje Dathe, Alejandro Calderon, Alma Greiner, Marc-Antoine Petit,
Karoline Keiter, Timm Höller, Marcus Pape, Julia Tiefenbach

Als im Rahmen der Grundlagen/Plastik (2. Studienjahr) im FB Kunst das John-Cage-Orgel-Projekt in Halberstadt vorgestellt wurde, entstand unter den Studierenden der Wunsch, dieses außergewöhnliche Kunstprojekt zu besuchen und die Aufführung selbst zu erleben. Wie ist es, einem Konzert beizuwohnen, die 639 Jahre dauert? Die Anweisung John Cages, sein Orgelstück „As slow as possible“ zu spielen, wird mit diesem radikalen Aufführungskonzept zu einer kaum mehr vorstellbaren räumlich-zeitlichen Dimension getrieben. Es baut dabei auf die Kontinuität von kulturellen Werten und Vernunft, die noch viele hundert Generationen nach uns beweisen müssen, um das Projekt wie geplant im Jahre 2639 zu einem guten Ende zu bringen.

Der Besuch in Halberstadt wurde außerdem zum Anlass, im Rahmen der Exkursion auch andere „Starke Räume“ und Orte im Harz zu besuchen.
Thomas Kirchner, eine Student der Kunstpädagogik an der BURG, führt seit vielen Jahren Besuchergruppen durch die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora. Dort mussten 1944/45 Zwangsarbeiter aus ganz Europa unter bestialischen Bedingungen die deutsche Rüstungsproduktion unter Tage verlegen, um sie vor den alliierten Luftangriffen zu schützen. Thomas Kirchner gelang das Kunststück, für unsere Gruppe in relativ kurzer Zeit sowohl historische Fakten zu vermitteln, Räume und Orte zu erklären und zugleich die Problematik im Umgang mit Gedenken und Erinnerung aufzuzeigen. Angesichts des unvorstellbaren Leidens an diesem Ort verstummten und relativierten sich alle Alltagssorgen von Studium und Kunst.

Geschichte und Architektur der Stiftskirche in Quedlinburg führte die Gruppe tief in das Hochmittelalter und in ein geschlossenes Weltbild, das sich in der gesamten Anlage von der Krypta bis zur Kaiserloge ausdrückte. Aber auch die Neuzeit hinterließ in dem Kleinod der Romanik ihre Spuren: im Nationalsozialismus wurde die Kirche der Gemeinde enteignet und der Hochchor als „Weihestätte“ der SS architektonisch neu gestaltet.

Am Ende der Exkursion stand der Besuch der Feininger-Galerie in Quedlinburg. Lyonel Feinigers Bilder und Zeichnungen sind geprägt von einer zersplitterten Räumlichkeit, welche die Gewissheiten unserer gewohnten Raumwahrnehmung zerschlägt. Sie könnten als Zusammenfassung dafür stehen, was an diesem Tag an unterschiedlichen Orten erlebbar wurde: ca. 1700 Jahre Vergangenheit und Zukunft, die sich durch Kunst und Schönheit, aber auch durch entsetzliches Grauen und Hoffnung auf eine zivilisierte Zukunft manifestierte.

Autor: Rolf Wicker

 

Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PL12066  gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.

„Burg gestaltet!“ – ein Projekt des gemeinsamen Bund-Länder-Programms für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle.