Gruppenmodell | Foto: Jannis Block
Satellit 1.81
Umnutzung der Schleusenruine
Wüsteneutzsch zu einem Kultursatelliten
Entwurfsprojekt Sommersemester 2023
Vertretungsprofessor Robert Laser und KM Jannis Block
Hintergrund
An einer Kante der Leipziger Tieflandbucht zwischen A9 und Merseburg liegt ein Raum von 11x18x85 Metern inmitten von Feldern betoniert. Die verwilderten, aber gerade gezogenen Gräben in der Achse dieses gewaltigen Beckens lassen ein Verkehrsbauwerk, einen Kanal erahnen. Leipzig als Handelsstadt sehnte sich bereits im frühen 19. Jh. danach, an die Weltmeere angebunden zu werden. Karl Heine legte 1856 den Grundstein für einen Kanal zwischen Elster und Saale. 1926 wurde das Projekt als Staatsvertrag beschlossen, 1933 wurden die Bauarbeiten begonnen und in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs wieder eingestellt. Vor diesem historischen Hintergrund ist davon auszugehen, dass für die schwere körperliche Arbeit Zwangsarbeit im Reichsarbeitsdienst und aus Kriegsgefangenschaft des NS-Regimes stattgefunden hat. Der Kanal und seine Bauwerke wie die Schleusentreppe Wüsteneutzsch, wurden letztendlich nie fertiggestellt.
Aufgabe
Die Schleusenruine am Kanal-km 1.81 ist ein Baudenkmal, dass von den Kräften, Illusionen und der Formprägung der industriellen Epoche erzählt und gleichzeitig dem Verfall preisgegeben ist. Im Rahmen der Landesgartenschau LSA 2024 im angrenzenden Bad Dürrenberg, soll mit den Entwürfen der Schleusenraum statt mit 12.000 m3 Wasser mit darstellender Kunst gefüllt werden. Der Schwere soll mit Leichtigkeit begegnet werden. Es sind temporäre Bühnen mit Zuschauerbereichen unter maximaler Nutzung des Bestandes zu entwickeln und so zu verorten, dass die Schleuse in der Nachnutzung erlebbar bleibt. Wir öffnen die Schleusentore, lassen fließen und verbinden damit die Orte, Themen und Menschen!
still belebt | Visualisierung
still belebt
Eva Cain & Karla Konermann
Die Schleusenkammer wird gemäß ihres Gefälles mit regional anfallendem Erdmaterial geflutet und bewachsen. Dadurch entsteht ein neuer Ort des Zusammenkommens. Zugänglich von vorne und hinten schreitet man die Schleuse ab, wie einst die Schiffe es hier tun sollten. Wie liegen geblieben, sitzt die Kugel auf den Schleusenmauern. Eine Stahlkonstruktion, die mit Segeltuch bespannt wird und eine witterungsbeständige, transluzente Hülle formt. Gleichzeitig bildet die Kugel die beiden Bühnenräume aus: innerhalb und unterhalb der Kugel. Der neu erschlossene Zugang auf die Schleusenmauer, die Kugel als Baukörper sowie der landschaftsarchitektonische Eingriff innerhalb der Schleusenkammer sollen dem Ort langfristig erhalten bleiben. Wenn man will, kann man einen Zusammenhang finden zwischen der nicht rollen könnenden Kugel oberhalb des Gefälles und diesem gewaltigen Industriedenkmal, das nie in Kraft getreten ist.
still belebt | Modellfoto
still belebt | Visualisierung und Schnitt
Mach mit! | Visualisierung
Mach mit!
Hannah Mühlbach
Im Rahmen der Landesgartenschau in Bad Dürrenberg soll die Schleusenruine in Wüsteneutzsch eine Begegnungsstätte werden für alle Interessengruppen, die sich um die touristische Ruine mit ihrer Geschichte gebildet haben. Ein Ort des Austauschs soll es sein: Zwischen Anwohner*innen und Besuchenden, Industriefans und Naturliebhaber*innen, Alt und Jung, Städter*innen und Landbewohner*innen. Dafür soll es im Rahmen eines „Beteiligungsfestivals“ während der LAGA Workshops an allen Orten geben, die Wissen vermitteln und Meinungen zur Nachnutzung sammeln. Im Entwurf bekommen die verschiedenen Gruppen einen eigenen Raum, der als Treffpunkt oder Wissensplattform dienen kann. Schwerpunkt des Projekts ist die Diskussionsplattform in der Mitte der Schleuse, wo alle Beteiligten zusammenkommen können. Der Kreis ist die bewusst gewählte Formsprache – demokratisch, gewaltfrei, ohne Ecken –, denn er fördert den Austausch und das Miteinander Reden, da sich die Im-Kreis-Sitzenden immer gegenübersitzen.
Mach mit! | Axonometrische Darstellungen
Lichtschleuse | Visualisierung
Lichtschleuse
Maxim Taubert & Melanie Schneider
Die Lage der Schleuse Wüsteneutzsch inmitten der Natur zeichnet einen radikalen Kontrast zwischen Natur und Menschengemachtem. Daraus ergibt sich das Entwurfsziel zwischen den beiden Extremen zu vermitteln und die Schleuse neu erfahrbar zu machen. Eine bauliche Intervention soll die ehemalige Funktion des Höhenausgleichs in ein visuelles Gestaltungskonzept übersetzen sowie Bühnenräume für zeitgenössischen Tanz bereitstellen. Zwei um 45° geneigte Spiegel an Boden und Oberkante der Schleuse bilden ein Periskop und erlauben es den Besucher*innen, den Höhenunterschied von 15 Metern durch die doppelte Spiegelung optisch zu überwinden und wechselseitige Blickbeziehungen zwischen Schleuse und Naturraum zu bilden. Neben dem vermittelnden Blick zwischen innen und außen werden die Innenräume der Schleuse, die einst die rein technische Funktion der Wasserführung übernehmen sollten, für die Besucher*innen erfahrbar gemacht. Diese Katakomben schärfen den Kontrast, der zwischen Schleuse und Umgebung aufgezeigt wird. Durch die Periskop-Architektur hindurch erschließen sich die bisher verborgenen Wege im Innersten der Ruine, bevor eine skulpturale Wendeltreppe sie zurück an die Oberfläche führt. Es entsteht eine harmonische
Synthese zwischen Natur und Kultur, die Besucher*innen ein einzigartiges Erlebnis bietet,
das neue Blickwinkel aufzeigt und die Schleuse in neuem Licht erstrahlen lässt.
Lichtschleuse | Modellfoto
Lichtschleuse | Schnittperspektive
TA-DA & TAM-TAM | Visualisierung
TA-DA & TAM-TAM
Johannes-Elias Schönherr & Luana Dziemba
In unserem Entwurf soll im Rahmen der Landesgartenschau in Bad Dürrenberg die Schleuse als Kulisse für akrobatische Darbietungen erschlossen werden. Wir wollen an vier Orten Mini-Bühnen entstehen lassen, welche die Funktionsbereiche der Schleuse aufgreifen und diese auf eine spielerische Art und Weise für Besuchende erlebbar machen. Dabei wird in die bestehende Bausubstanz der Schleuse nur minimal eingegriffen, sodass sie nach wie vor als Ruine in Erscheinung tritt. Die angelegten Wege leiten die Besucher*innen durch das umliegende Dickicht und bieten eine spannende Entdeckungstour auf dem Weg zu den verschiedenen Bühnen. Der Hauptplatz zwischen zwei Überlauftürmen soll als Ankunftsort und Orientierungsbereich für die Besuchenden dienen. Der Versorgungskern mit Gastronomie- und Sanitärbereichen befindet sich in Containern nördlich und südlich des Hauptplatzes.
TA-DA & TAM-TAM | Modellfoto
TA-DA & TAM-TAM | Visualisierungen
Loop | Visualisierung
Loop
Lucia Bösl Herranz
Loop lädt zum Erkunden des Inneren der Schleuse ein. Es ergibt sich ein abgespannter Rundweg, der den Verlauf des Wassers und die verschiedenen Wasserstände in seine Formensprache aufnimmt, ohne dabei den Boden zu berühren. Beim Durchlaufen des Loops entstehen so spannungsvolle Blickbeziehungen auf die geradlinige, geometrische Schleuse, die ein kontrastreiches Gegenspiel bietet zu dem organisch leichten Loop. Ob bei einer Aufführung am Boden der Schleuse, mit dem Loop als Bühnenbild im Hintergrund oder für einen Spaziergang wird die Schleuse wiederbelebt.
Loop | Modellfoto
Loop | Axonometrische Darstellungen
Ton, der keinen Vogel stört | Visualisierung
Ton, der keinen Vogel stört
Frieda Adam & Ricarda T. Schultze
Unser Entwurf beinhaltet eine Landschaftsarchitektur mit Audiobühne rund um die Schleusenruine Wüsteneutzsch. Durch architektonische Eingriffe werden dauerhaft Orte geschaffen, die verschiedene Aufenthaltsqualitäten bieten. Sie laden zum gemeinsamen und individuellen Verweilen und Entdecken der Schleusenruine ein. Durch das Abtragen bestehender Bausubstanz entstehen Sitzmöglichkeiten. Ein Durchbruch ermöglicht eine neue Wegführung durch das Gelände. Das abgetragene Material wird vor Ort wiederverwendet. Daraus entstehen Kleinarchitekturen und die Schüttung für die Parkwege. Das umliegende Gelände wird zu einem Park umgestaltet. Ein barrierefreier Hauptweg erschließt die Anlage und führt an verschiedenen Vegetationszonen vorbei. Park- und architektonische Gestaltung bildet die Infrastruktur für die Audiobühne. Besuchende können den Park mit der Audioausstellung erkunden. Entlang der Wege befinden sich Audiopunkte, die einladen, einen QR-Code zu scannen, der Audiosequenzen bereitstellt. Es gibt ein monatlich wechselndes Angebot mit jeweils einer Auftaktveranstaltung, auf die sich Kunstschaffende mit ihren Projekten bewerben können.
Ton, der keinen Vogel stört | Modellfoto
Ton, der keinen Vogel stört | Lageplan
Mit den Studierenden
Frieda Adam
Lucia Bösl Herranz
Eva Cain
Luana Dziemba
Karla Konermann
Hannah Mühlbach
Melanie Schneider
Johannes-Elias Schönherr
Ricarda Schultze
Maxim Taubert
Workshop
Michael Rudolph | Station C 23, Leipzig
Gastkritik
Dennis Wagner | W&V Architekten, Leipzig
Prof. Stephanie Kiwitt | Kommunikationsdesign & Fotografie, Burg Halle
Mit den Studierenden
Frieda Adam
Lucia Bösl Herranz
Eva Cain
Luana Dziemba
Karla Konermann
Hannah Mühlbach
Melanie Schneider
Johannes-Elias Schönherr
Ricarda Schultze
Maxim Taubert
Workshop
Michael Rudolph | Station C 23, Leipzig
Gastkritik
Dennis Wagner | W&V Architekten, Leipzig
Prof. Stephanie Kiwitt | Kommunikationsdesign & Fotografie, Burg Halle