Bei der ersten Exkursion zu Beginn des Semesters führte uns zu der Firma Ledertech in Bopfingen.
Neben klassischen Produkten aus Lederfaserstoff wird hier das neuartige Produkt RELEA hergestellt und wir hatten die Gelegenheit die einzelnen Produktionsschritte zu verfolgen. Mit palettenweise Probematerial und tiefer gelegtem Bus ging es abends wieder zurück.
Ein Tisch, ein Stuhl, ein Dingelingeling
oder RELEA - ein Material und seine Potentiale; Entwurfsprojekt WiSe 2019, Prof. Klaus Michel, KM Maren Englisch
In der Lederindustrie gibt es weltweit ca. 1,4 Mio t Lederabfall, der nicht verwertet werden kann und z.Zt. thermisch entsorgt wird (vermutlich ist es sogar ein mehrfaches dessen, denn Millionen kleiner Handwerksbetriebe werden hier nicht erfasst) .
Für die Erstellung von Oberleder benötigt man grob geschätzt doppelt soviel Energie, wie für die Erzeugung von Stahl.
Ob Tiere nur zur Landschaftspflege eingesetzt oder in industrieller Massentierhaltung gezüchtet werden – Leder fällt dabei immer an, und damit dann auch Lederreste.
RELEA ist ein neuartiges Material das aus recykliertem Leder besteht. Bisherige Lederrecyklate wurden auf Grund der geringen Belastbarkeit nie als Obermaterial eingesetzt, das ändert sich jetzt mit RELEA.
Zu entwerfen waren in diesem Projekt drei Objekte: ein Tisch, ein Stuhl und ein Dingelingeling.
Montag. Sechs Uhr morgens. Mit zwei Bullis Richtung Westen. Bei Thonet angekommen gab es alle Klassiker zum Anfassen und Testen. Während einer Führung durch den Betrieb konnten wir das Rohrbiegen, Bugholz biegen, Lackieren und Bespannen der Sitzflächen beobachten.
Über Fa. Becker in Brakel, und Fa Egger in Brillon ging es nach Hehlen zu Fa. Heller, wo wir die Produktion von Leder hautnah erleben konnten. Hier schloß sich der Kreis über den Ursprung von RELEA und zurück ging´s nach Halle.
Mit Bastian Müller wurde das Material RELEA in der ersten Kompaktwoche experimentell untersucht. Dazu kamen einige Bearbeitungstechniken und Werkzeuge der Zentralen Werkstätten zum Einsatz. Ob geflammt, gepresst oder genäht – die Studierenden experimentierten mit verschiedenen Methoden. Die Erkenntnisse der Woche wurden geteilt und aufbereitet, um für den weiteren Semesterverlauf aus Erfahrungswerten profitieren zu können.
Ann-Kristin Büttner war in der zweiten Kompaktwoche zu Gast und begleitete die Studierenden bei weiteren Experimenten und thematischen Vorgehen. Die Ergebnisse zeigen Prinzipien, materialgerechten Umgang mit RELEA und konzeptionelle Ansätze. Ausgehend von den Lösungen wurden in den darauffolgenden Wochen Entwürfe entwickelt.
Und dann ging's ans Entwerfen, Basteln, Bauen, Umsetzten, Verwerfen, Neuanfängen... Wie immer war das Semester von einer intensiven Werkstatnutzung geprägt.
SHIRT- Lucas Riedl
Seinen Namen verdankt der dynamische Stuhl dem T-Shirt ähnlichem Schnittmuster, das die Grundlage für die aus Lederfasersoffschichten bestehende, formverleimte Sitzschale bietet. Diese setzt sich aus ingesamt vier Lagen Lederfaserstoff zusammen, der im Bereich der Sitzfläche mit zwei Buchenfurnierschichten verstärkt ist. Die verlängerten Hinterbeine stützen die flexible Rückenlehne und geben ihr die nötige Stabilität. Dank der konkav gebogenen Zarge aus Formholzteilen scheint die Sitzschale über den Stuhlbeinen zu schweben. Mittels sechs Rechts-Links-Gewinde-Schrauben wird der Sitz mit dem Stuhlgestell aus Eiche verspannt. Diese verdeckte Verbindung trägt zur minimalstischen Anmutung des Stuhls bei.
ALLES IM GRIFF - Lucas Riedl
Das Detail der Griffe ist namensgebend und kombiniert die innovativen Eigenschaften des Lederfaserstoffes: Sie sind formstabil und zugleich flexibel. Wie aus einem Guss formen sie sich aus der Oberfläche heraus und bilden ein minimalistisches und funktionales Detail. Zwischen den beiden Tischplatten bietet der Tisch großzügigen Stauraum und ermöglicht ein cleveres Kabelmanagement. Die lederne Arbeitsfläche überzeugt mit angenehm weicher Haptik und besonders geräuscharmen Schreib- und Computermausbewegungen.
FALTMUKKE - Lucas Riedl
SELMA - Marou Christensen
In der Sitzschale und Lehne des Stuhls kommt neben Furnier der Lederfaserstoff RELEA zum Einsatz. Er verleiht der Formverleimung Flexibilität und dient als Oberflächenmaterial. Der Knick im Hinterbein des Stuhls dynamisiert das sonst statische Möbel. Die Querschnitte der Holzleisten sind auf ihr Minimum reduziert. Die Leichtigkeit der Konstruktion wird durch Abstandshalter unterstützt, die Sitzschale und Rückenlehne optisch schweben lassen.
MATTIS - Marou Christensen
Die klare Form und die definierten Kanten stehen im Kontrast zu den weichen Farbtönen des Lederfaserstoffes, der mit der hellen Farbe des Ahornholzes harmoniert. Die Querschnitte der Holzleisten sind auf ihr Minimum reduziert. Die unbehandelte Oberfläche erhält mit der Zeit die für Leder typische Patina und verleiht dem Duo zusätzlichen Charakter.
MARTIN - Rebekka Schilken
Tiefsitzer mit Flügel-Sitzschale zum Sitzen im Schneidersitz; Sitzschalen sind durch eingelassenen Muffen mit dem Gestell verbunden; Durch das Relea sind die Sitzschalen flexibel und geben bei Druck nach > gut für die Ergonomie und den Sitzcomfort; Abstandshalter ebenfalls aus Relea, wodurch Schalen noch etwas mehr nachgeben können;
KLARE KANTE - Rebekka Schilken
Tisch kann flach verstaut werden, hat in zusammengeklapptem Zustand Maße von H 108cm, B 48cm, T 4,5cm; untere Platte wird in eine Nut gesteckt, so erhält die Arbeitsfläche ihre Aussteifung; der entstandene Zwischenraum kann als zusätzliche Ablage genutzt werden; runde Nuten in oberer Querstrebe dienen oben als Stiftablage, unten als Griffmulde für das Tragen; wiegt lediglich 1,5 kg
HUG - Nora Fenkner
Die raue Oberfläche des Materials sorgt für eine aufrechte, gesunde Haltung, da das nach vorne Rutschen des Gesäßes verhindert wird. Der Herstellungsprozess des Stuhls umfasst nur wenige Schritte, sodass eine unkomplizierte Reproduktion möglich ist.
FLIP FLOP - Nora Fenkner
Die Tischplatte wird auf die Tischböcke gesteckt und verschraubt. Die Höhe lädt zum gesunden Arbeiten im Stehen ein.
PING & PONG - Nora Fenkner
FLEXI TISCH - Lucas Lippold
Die Gestellkonstruktion von Sessel und Tisch besteht aus 12 mm dünnen, gebogenen und anschließend verschweißten Rundstäben. Die Relea-Platten mit flexiblen, weichen Rändern werden mit Hilfe von 3D-gedruckten Möbel-Clips am Untergestell fixiert.
GEMISCHTES DOPPEL - Sina Dressler
Einer Umarmung gleich, schmiegt sich die bogenförmige Rückenlehne und die großzügige Sitzfläche um die sitzende Person und sorgt für ein behagliches Sitzgefühl. Die Flexibilität des Materials sowie die weiche und gleichzeitig rutschfeste Haptik unterstützen diesen Effekt. Unter der Armlehne sind die Formteile mit dem Stuhlgestell verschraubt. Diese verdeckte Verbindung unterstützt den minimalistischen Gesamteindruck des Stuhls.
VOLT - Sina Dressler
„Volt“ ist ein Schreibtisch mit einer Oberfläche aus Relea, die sich auf der Rückseite des Tisches zu einem Kabelkanal rollt. Die Rolle wird mit Druckknöpfen befestigt und lässt den üblichen Kabelsalat verschwinden. Das filigrane Stahlgestell wird mit Spannseilen verspannt.
RELMEX - Sina Dressler
LASSE LATEX - Johannes Diller
Die Sitzschale besteht aus mehreren Lagen Relea Construct und Relea Pure die mit dem schon als Bindemittel darin enthaltenen Naturlatex miteinander verklebt sind. Um der Sitzschale die nötige Biegestabilität zu geben wurden zwei Bugholzteile mit einlaminiert. Sie sind so dimensioniert, dass sie auch die Schraubgewinde aufnehmen können und bilden somit die Verbindung zum Stuhlgestell. Die Stuhlbeine wiederum haben am Ende ein Holzgewinde angeschnitten und werden damit von Hand in das Stuhlgestell geschraubt.
KALLE KAUTSCHUK - Johannes Diller
Die Tischplatte ist eine Wabenkonstruktion aus Relea Construct mit Relea Pure als Decklage. In die Platte sind vier massive Blöcke bestehend aus Relea Construct integriert. Sie nehmen die Holzgewinde der Tischbeine auf.
LL COOL CHAIR - Friedrich Uhl
Der Stuhl ist in seine Einzelteile zerlegbar - das funktioniert wegen der Form der Lehne bzw. Sitzfläche. Das Gestell gibt dem Stuhl die Stabilität, die Formteile den Sitzkomfort. Der Stuhl soll zeigen, was das Material Relea alles kann. Die Formteile gehen in ihrer Ausführung auf die Eigenschaften von Relea ein: das ist einerseits eine Formverleimung mit kleineren Radien als es bei Sperrholz möglich ist, andererseits kann man das Material gleichzeitig tiefziehen, was für die Aufnahmen der Rückenlehne angewendet worden ist.
TABLE TOP JOE‘ - Friedrich Uhl
Das Gestell ist ein gebogenes T-Profil, die Verbindung von Gestell und Platte basiert auf dem gleichen Prinzip wie bei dem Stuhl. Die Frage hinter dem Tisch ist „Wie kann man das Prinzip Tiefziehen von Relea auch auf einen Tisch anwenden?“
TURTLE THE NECK - Friedrich Uhl
Der Hintergrund dieses Objekts ist der Test, wie tief man Relea ziehen kann, ohne dass es reißt. Ausgangspunkt war eine Halbkugel aus Gips mit 300mm Durchmesser. Aus einem Testergebnis ist der Schilkrötenpanzer entstanden.
RELAO - Ellen Church
Die grundlegende Gestaltungsidee kommt durch das tansanische Spiel Bao, für das auf zwei Spielseiten jeweils 16 Felder gebraucht werden. Mit Hilfe einer Negativform aus Halbkugeln wurde das Relea in die vorgebohrten Vertiefungen tiefgezogen und verklebt. Dabei verbindet Relea beide Holzteile und übernimmt so auch gleich die Funktion eines Scharniers
RELEAF - Ellen Church
Als grundlegende Gestaltungsidee dienten Stühle, die mit Hussen bezogen sind wie der Hardoy chair, der auch unter dem Namen Butterfly bekannt ist. Da das Material Relea eher homogen ist und somit nicht so reißfest ist wie Leder oder andere Textilien, wird bei Releaf eine andere Verbindungsmethode zwischen Holz und Relea verwendet. Mit Hilfe von Peddigrohr ist das Relea durch Nuten im Holz mit dem Holzgerüst verklemmt. Dadurch kann ohne das Nähen einer Husse das Sitzgefühl trotzdem erreicht werden.
Printdokumentetion des Projektes
Ein Tisch, ein Stuhl, ein Dingelingeling
Printdokumentation des Prozesses
Studierende
Marou Christen
Ellen Church
Johannes Diller
Sina Dreßler
Maren Englisch
Nora Fenkner
Johannes Kapp
Lucas Lippold
Lucas Riedl
Rebekka Schilken
Friedrich Uhl
Workshops mit
Bastian Müller, München
Ann-Kristin Büttner, Mainz
Betreuung
Prof. Klaus Michel
KM Maren Englisch
Printdokumentetion des Projektes
Ein Tisch, ein Stuhl, ein Dingelingeling
Printdokumentation des Prozesses
Studierende
Marou Christen
Ellen Church
Johannes Diller
Sina Dreßler
Maren Englisch
Nora Fenkner
Johannes Kapp
Lucas Lippold
Lucas Riedl
Rebekka Schilken
Friedrich Uhl
Workshops mit
Bastian Müller, München
Ann-Kristin Büttner, Mainz
Betreuung
Prof. Klaus Michel
KM Maren Englisch