Johannes Förster: „Energie“, 2020/21
Ausgehend von ungelösten Fragen der nachhaltigen Energiegewinnung und Energiespeicherung einer globalisierten Industriegesellschaft im 21. Jh., werden Alternativen zu herkömmlichen Energieerzeugern und visionäre Formen der Energierückgewinnung immer wichtiger. Objekte des Alltags können zu Generatoren oder Batterien transformiert werden und elektrifizieren einen Kontext zwischen gefundener Skulptur und Onlineversandangebot. Anders als in der klassischen Quantenmechanik fluktuieren dabei die Potentiale in einem esoterischen Energiezustand, so wie es für die Unschärfe der leeren Räume ohne Eigenschaften beschrieben wird. Nach dem das Universum als isoliertes Teilchen, kontinuierlich fluktuierende Felder vorstellen lässt, können Materiefelder und Kraftfelder für eine Art Wiedereinführung eines Äthers in den menschlichen Absorber genutzt werden. Die vorgestellten Systeme können die Existenz dieser Energie nachweisen und sind bei mehr Gewicht leichter als herkömmliche Geräte, haben eine längere Lebensdauer, sind sicherer, umweltfreundlicher und tragbarer als Blei-Säure. Die Nutzung für Kleingeräte unter 300 W wie Laptop, Kamera, LED-Lichter, Smartphone, Tablet usw. ist im Innen- oder Außenbereich mit Familie, Büro oder auf Reisen weit verbreitet. Absorbieren auch Sie Ihre eigene Energie.
Seminar-Rückblick: „Dinge haben sieben Leben“
Dokumentation des künstlerisch-praktischen Seminars von Julia Miorin in den Studiengängen Kunstpädagogik und Kunst (Lehramt) im WS 20/21
Im bildhauerisch-installativen Seminar Dinge haben sieben Leben von Julia Miorin beschäftigten sich zehn Studierende ein Semester lang mit gefundenen Gegenständen als Ausgangsmaterial für ihre künstlerische Praxis.
Zum Auftakt hat jede/r einen oder mehrere Gegenstände mitgebracht. Die Studierenden verwendeten sie als Werkstoff, als Geschichtenerzähler, als Impulsgeber und gingen über ihre Oberfläche zum Kern. Es entstanden unterschiedlichste Auseinandersetzungen und Herangehensweisen: Sie reichten von konzeptuellen Vorhaben, performativen Ansätzen über Materialuntersuchungen, humoristischen Weltverbesserungsversuchen hin zu ausgeklügelten Narrativen und einem Kräftemessen mit dem Ding als Gegenüber: Metall wurde geschmolzen, Lattenroste poetisiert, Steckdosen verkabelt, Gebisse gestapelt, Formen bis zum Verschwinden geschliffen, Erinnerungen an Orte belebt und neu geformt, Räume verspannt, Kleider verschluckt, Schwämme zum Sinnbild des Körpers gemacht, Spuren geschlagen, Absurditäten provoziert und Dinge in unendliche Bewegung versetzt.
Lebhafte Diskussionen, stecken bleiben, weiterkommen, Überlegungen zu Ausstellungsszenarien, verwerfen und sich dem Kern des eigenen Interesses annähern – all das hat das Seminar zu so einem bereichernden und produktiven Miteinander gemacht. Ein Dank an alle beteiligten Studierenden!
Hier werden die einzelnen Arbeitsansätze vorgestellt. Jede/r Studierende hat zudem einen kleinen Text als Einblick in die Arbeit verfasst.
JOHANNES FÖRSTER
Johannes Förster: „Energie“, 2020/21
Abb.1: „Banane 150 kcal für Kleingeräte unter 300 W wie Smartphone LED-Lichter usw.“ | 2020 | Abb. 2: „Rollgenerator“ | 2020 | Abb. 3: „Energiesammler blau 120 Liter mit 3 Aufladungsoptionen“ | 2020 | Abb. 4: „Handgenerator ideal für überall Eingangsdruck muss 14V betragen“ | 2021
© Text und Bilder: Johannes Förster
NADINE PODEWSKI
Nadine Podewski: „Dekonstruktion als Prozess“, 2020/21
Für das Projekt wurde ein Gegenstand vom Schrottplatz abgeformt. Durch die Möglichkeit der wiederholten Abgüsse aus Porzellan konnten diese im rohen und vorverglühten Zustand bearbeitet werden. Der Wiederholung ruht in diesem Prozess eine Freiheit inne, die keiner Regel folgt. Dadurch gab es kein Scheitern, vielmehr ein Einlassen auf das Material Porzellan und die Form des Gegenstandes. Mein Interesse wurde an den Grenzen des Verschwindens des Materials geweckt. Die Form, welche sich mit fortschreitendem Prozess auflöst und dabei eine neue Ästhetik offenbart.
Nadine Podewski: „Dekonstruktion als Prozess“, 2020/21
Nadine Podewski: „Dekonstruktion als Prozess“, 2020/21
© Text und Bilder: Nadine Podewski
NOËL GROSSE
Noël Grosse: Rauminstallation, 2020
Eine auf Halles Straßen gefundene Gardinenstange bildet den Ausgangspunkt für die Arbeiten von Noël Grosse. Angeleitet und begleitet durch das Seminar entwickelt sich die Auseinandersetzung von installativen Schnürversuchen im Raum zu komprimierenden Schnürungen von Textilien. Beeinflusst durch die Umstände des Lockdowns verschiebt sich der Fokus auf Alltagsgegenstände und installative Experimente in den eigenen vier Wänden. Kleidung als Material wird weiter verfolgt und am vorgefundenen Ort an das Möbelstück gebunden. So erfolgt eine Komprimierung und ein Festhalten der Zustände. Schließlich werden Kleidungsstücke, welche aufgrund von Dysphorie auslösender Geschlechterzuschreibung aussortiert wurden, zu kleinen Päckchen geschnürt. Diese sind kompakt, nehmen weniger Platz weg, sind leicht zu transportieren und laden zum Bauen ein. Auf diese Weise bekommen sie einen neuen Ansatzpunkt zur Beschäftigung, welcher kindlichem Spielen ähnelt und ihnen eine Daseinsberechtigung zurückgibt.
Noël Grosse: „Installationen in der eigenen Wohngemeinschaft“, 2020/21
Noël Grosse: „Schnürungen an Möbelstücken“, 2021
Noël Grosse: „Softblocks“, 2021
© Text und Bilder: Noël Grosse
LINDA DALITZ
Linda Dalitz: „Rhythmus 42/ wobjects“, Videoarbeit, 2020
Die im Raum schwebenden Objekte und die dazugehörigen Videos zeigen gefundene Objekte, meistens aus Metall, an deren Patina ihr Alter abzulesen ist, in einer neuen Situation: Im Atelier, gesäubert und teilweise neu lackiert, werden sie durch Rotation und Schwerkraft in Bewegung versetzt. Die Objekte werden simplifiziert und entfremdet. Die neuen Formen verschwinden in Linien und Grauwerten, die mit dem Hintergrund verschmelzen. Ein weiterer Assoziationsraum wird geöffnet, der mit unserer Wahrnehmung spielt.
Linda Dalitz: Objekte vor der Bearbeitung
Linda Dalitz: „Rhythmus 42/ wobjects“, Videoarbeit, 2020
© Text und Bilder: Linda Dalitz
PIA ALTMANN
Pia Altmann: „10 Jahre“, Fotografien, Text und bildhauerische Untersuchungen, 2020/2021
Im Seminar „Dinge haben sieben Leben“ habe ich mich mit meinem Kindheitsort, dem Wohnhaus, in welchem ich 10 Jahre gelebt habe, und den Erinnerungen an diese Zeit auseinandergesetzt. Dabei stand die Beschäftigung mit alten Fotos, Gegenständen, Texten und Erzählungen im Vordergrund. Ich habe ein Erinnerungsfragment, einen Stein aus dem Weg vor dem Haus entfernt. Ursprünglich wollte ich diesen nur abformen und neu einsetzen, quasi die alte Erinnerung gegen eine aktuelle Auseinandersetzung mit der Erinnerung austauschen. Auf dem immerwährenden Weg dorthin sind weitere Arbeiten entstanden, die ich in einem kleinen Heft zusammengetragen habe.
Pia Altmann: „10 Jahre“, Steinabformung, 2020/2021
Pia Altmann: „10 Jahre“, Objekthäute, 2020/2021
© Text und Bilder: Pia Altmann
CAROLIN HEDDERGOTT
Carolin Heddergott, Untersuchungen zur Arbeit „Corpus“, 2020/2021
Carolin Heddergott, Materialprobe im Rahmen der Arbeit „Corpus“, 2020/2021
Bei dem für das Seminar ausgewählten Ding handelt es sich um zwei ineinander verschlungene Äste einer Weide. Dabei hat mich die Eigenständigkeit und Kraft der Natur fasziniert. Dem habe ich dann Metall gegenübergestellt. Zuerst habe ich in verschiedenen Versuchen Zinn auf Holz gegossen und mit den Materialien experimentiert. Dann wollte ich das Weidengeflecht mit einem Sandguss abgießen. Bei dieser Materialübersetzung sind Objekte entstanden, die weder das Aussehen des Ausgangsobjektes noch des erkalteten Metalls zu haben scheinen. Der metallische Glanz und dessen Farbe sind erhalten geblieben, doch das Metall scheint noch flüssig zu sein und weiter zu fließen. Das Objekt ist rund und organisch. Da das Metall unterschiedlich schnell erkaltet ist, haben sich die Klekse wild und eigentümlich übereinandergeschichtet. Es ist ein Körper entstanden, ein Corpus. Genauso wie bei den zwei verschlungenen Ästen greift ein natürlicher Prozess: die Äste und das flüssige Metall suchen sich den einfachsten Weg, entgegen dem, was man erwarten würde. So befinden sich die Objekte in einem Gleichgewicht zwischen Beherrschtheit und Eigenständigkeit.
Carolin Heddergott, „Corpus“, 2020
Carolin Heddergott, „Corpus“, 2020/21
© Text und Bilder: Carolin Heddergott
LEA OSENBERG
Lea Osenberg: „Spaziergang“, Videoarbeit, 2020
Lea Osenberg: „Weg zum Supermarkt“, Videoarbeit, 2020
Lea Osenberg: Schwämme nach dem „Weg zum Supermarkt“
Die Arbeiten reflektieren die Position von Selbst und Außenwelt. Tritt man in die Welt, so wird man immer schon davon beeinflusst. Jedoch beeinflusst man selbst die eigene Umwelt wiederum auch. Ich betrachte die Arbeit aktuell als ein Selbstexperiment und die entstandenen Filme als Dokumentation und Reflexionsmedium. Im Laufe des Experiments ist mir bewusst geworden, dass für mich weniger der Akt des Gehens und vielmehr die damit verbundenen Symboliken interessant sind (siehe „Sole“).
Lea Osenberg: „Sole (Luft)“, 2021
Lea Osenberg: „Sole (Magnet)“, 2021
© Text und Bilder: Lea Osenberg
METIS PERTSCH
Metis Pertsch, „o.T.“, 2020/21
Metis Pertsch, „o.T.“, 2020/21
Metis Pertsch, „o.T.“, 2020/21
Für den Kurs „Dinge haben sieben Leben“ habe ich mich zu Beginn des Semesters für ein Wegwerfprodukt von Zahnarztpraxen entschieden, welches den Abdruck von Zähnen aus Gips darstellt. Dieses Ding kommt einem persönlichen individuellen Fingerabdruckgleich und gewährt den Betrachtenden Einblick in intime Details, welche sonst im Verborgenen bleiben. Das Interessante hierbei war für mich, der Kontrast zwischen diesem Geheimen, Sensiblen und dem Umgang als Nutz- und Abfallgegenstand. Ich habe durch verschiedene Untersuchungen, versucht mich dem Gegenstand anzunähern. In meiner finalen Arbeit möchte ich noch mehrere Gaumenabgüsse aus Silikon gießen und diese entstandenen organischen Formen als hängende Installation ausstellen.
Metis Pertsch, „o.T.“, 2020/21
© Text und Bilder: Metis Pertsch
ELISABETH OTTO
Elisabeth Otto: „o.T./Latten“, 2020/21, Holz, Textil, 2020
Ich baue fragile Skulpturen aus Latten und Bändern. Die Skulptur hält sich selbst
in Balance oder sie fällt um, wenn du dagegen stößt oder der Wind zu stark ist.
Die Grundelemente sind ein Dreiergespanns aus Latte, Band und Latte. Sie
bilden eine geschwungene Linie, wenn du direkt von vorn darauf schaust. Oder
es erinnert an eine Rampe, wenn ich die Skulptur sieben Mal nebeneinander
stelle.
Erinnerst du dich daran, wie man ein Zelt aufbaut? Die Stangen werden mit
Schnüren abgespannt. Und dann gibt es beim Abbau den Moment, wenn die
Heringe aus der Erde gezogen sind und die Stangen noch kurz stehen, bevor
das Zelt langsam in sich zusammenfällt. Dieser Moment steckt in der Skulptur.
Elisabeth Otto: „o.T./Latten“, 2020/21
Elisabeth Otto: „o.T./Latten“, 2020/21
Elisabeth Otto: „o.T./Latten“, 2020/21
© Text und Bilder: Elisabeth Otto