Anne Schneider, Ausstellungsansicht
Sie merkte, dass etwas nicht stimmte. 2014.
Anne Schneider
SIE MERKTE, DASS ETWAS NICHT STIMMTE
Diplom
In jedem unserer individuellen Leben gibt es verschiedene Räume, die unterschiedliche Ausprägungen und Bedeutungen beinhalten. Räume, in denen wir z.B. ganz privat sein können, öffentliche Räume, an die wir besondere Erinnerungen knüpfen, Räume die uns beiläufig begleiten. Dabei entstehen bei jedem Einzelnen unzählige emotionale Raumkonstruktionen.
Die Faszination von physischen Räumen, ihrer Aura sowie ihrer Möglichkeiten von körperlicher Präsenz, sind immer wieder ein Antrieb und Katalysator in meiner künstlerischen Arbeit. Zusätzlich zu der Kategorie, der haptisch erfassbaren Räume, bin ich interessiert an der Kraft der von mir bezeichneten „Seelenräume“. Diese rein emotionalen Räume entstehen für mich aus der Verbindung von erlebten oder beobachteten Situationen und ihrer entstehenden gedanklichen Raumstruktur durch Erinnerung an Jene.
Dabei können z.B. besondere Räumlichkeiten aus unserer Kindheit häufig zu Projektionsräumen für unser komplettes Leben werden.
Der Titel meiner schriftlichen sowie praktischen Diplomarbeit „Sie merkte, dass etwas nicht stimmte“ gibt mir die Möglichkeit das Gefühl vermitteln zu können „Sie“ zu kennen oder durch meine Arbeiten ein stückweit näher kennen zu lernen, eine persönliche Ebene zu entwickeln. Es kann betrachtet, beobachtet und mitgefühlt werden.
Meine Arbeiten können beschreibend gelesen werden: als eine Beschreibung einer Person, als Beschreibung eines körperlichen Zustandes und/ oder als Beschreibung der Kontexte. All diese Aspekte bilden Eckpfeiler einer Identität – ihrer Identität, ihres Lebens und ihrer Erinnerungen.
Ein erster Eindruck wird geschaffen, eine Stimmung von etwas Seltsamen, etwas was auch von der Normalität abweichen kann, entsteht. Eine Art Geheimnis, um die Neugier zu wecken. Mit meinen und in meinen Arbeiten wird ein Resonanzraum geschaffen, in dem eigene Geschichten und Gedanken projiziert werden können. Es wird ein Anfang gestaltet ähnlich wie in einem Roman, als Eintritt in die Betrachtung. Die Substanz der Werke kann nicht nur durch Folgerung oder Interpretation hergeleitet werden: Sie ist körperimmanent. Alle entstandenen Werke fokussieren sich thematisch auf den Aspekt des menschlichen Körpers. Er ist zum einen der Handelnde, der spezifische Bewegungen im Raum vollzieht und ist ebenso der implizierte Benutzer der Dinge. Derjenige der das Werk durch körperliche Arbeit oder Anwesenheit schafft. Oder als Vorbild und Motiv fungiert.
Der Körper ist eine Hülle, die Maske, die Form nach Außen – meine Haare, meine Stimme, mein Geruch sind ein weiterer Schritt. Meine Kleidung der abschließende Ausdruck zur Feststellung und Findung meiner Identität.
Kleidung ist ein wesentlicher Bestandteil der Individualisierung von Menschen. Textilien können ein Hinweis für kulturelle, gesellschaftliche, religiöse und politische Zugehörigkeit sein. Sie helfen bei der Abgrenzung, dem Zugehörigkeitsgefühl oder sind Träger einer Schutzfunktion. Dabei ist Kleidung im modischen Sinne zuweilen eines der ersten Indizien sowohl für Individualität als auch Konformität. Im Zusammenspiel mit der Bewegung des Körpers in unterschiedlichen Raumsituationen können zusätzlich Informationen wie Charakteristiken, Herkunft und Alter verstärkt sowie vollkommen negiert werden. Wie in der Arbeit Terzett, in der sich eine dreier Gruppe in amorphen Bewegungen in einem weißen nicht zu lokalisierenden Raum befindet. Dabei geht sie keine direkte Kommunikation miteinander ein. Und sie verharrt in einer scheinbar endlosen Raum- Zeit- Bewegungsamplitude. Das getragene Textil verbirgt alle Kennzeichen zur Identifizierung der Person. Nur einzelne kurze Bewegungsabschnitte lassen erahnen, dass es sich hier um drei Personen, womöglich sogar die gleichen, handelt. Die beim genauen Betrachten der Bewegungsabläufe und Körperkonstitutionen miteinander zu korrespondieren scheinen, jedoch gleichermaßen an der Existenz einer Person zweifeln lassen. Da die zusätzlich nicht eindeutig zu kategorisierenden Bewegungen und optischen Hinweise Fragen über die tatsächliche Beschaffenheit aufwerfen.
So ist es oft nicht allein die Kleindung, die uns einen Hinweis auf Existenz unter ihr gibt. Ebenso Haare, Gesichtszüge und Hautpartien geben Auskunft auf das individuelle Sein.
Kommt es wie in der Arbeit Terzett zur zusätzlichen Entziehung von räumlichen Hintergründen, werden alle identitätsstiftenden Merkmale soweit rationalisiert, dass sie fast vollständig verschwinden und zu einer eigenständigen Form werden.
Verbindend in Allen gezeigten Arbeiten findet sich der Aspekt der Bewegung wieder. Sie zeigen unterschiedlichste Arten und Bedeutungen von Bewegung hinsichtlich des menschlichen Körpers. Ausgehend von einer sich wiederholenden Bewegung, einer fast unmerklichen Rührung durch die Übersetzung einer motorisierten Bewegung, gestische Bewegungen in einem Objekt bis hin zu der Bewegung des Objektes selbst durch provozierte Berührung.
Bewegung durchbricht stets unser Konzept der vermeintlichen Starre. Wir und Alles um uns herum befinden sich in stetiger Veränderung.
Den Stillstand gibt es nicht.
Anne Schneider, Ausstellungsansicht
Sie merkte, dass etwas nicht stimmte. 2014
Anne Schneider, Import/ Export HD Projektion
6: 9 Stereo 07:54 min.
Mark Hornbogen & Anne Schneider 2014
Anne Schneider, Nichts ist wie es war Stoffobjekt
bedruckter Seidentwill, Ösen, Drahtseil
140 x 260 cm 2014
Anne Schneider, Terzett
3 Kanal Videoinstallation HD Projektion, Loop 16:9
2014.
Anne Schneider: "Laura"
Installation
(Detail)
Seidentwill, Schnur, Ösen, Drehmotor 140 x 260 x ca. 400 cm
2014
Anne Schneider, Ausstellungsansicht
Sie merkte, dass etwas nicht stimmte. 2014.
Anne Schneider,
Ausstellungsansicht
Sie merkte, dass etwas nicht stimmte. 2014
Anne Schneider,
Nichts ist wie es war (Detail)
Stoffobjekt
bedruckter Seidentwill, Ösen, Drahtseil
140 x 260 cm 2014
Anne Schneider, Import/ Export HD Projektion
6: 9 Stereo 07:54 min.
Mark Hornbogen & Anne Schneider 2014