Team des Forschungsprojekts RUTSIS, vrnl: Laura Linsig, Kristin Nebauer, Prof. Bettina Göttke-Krogmann, Johanna Rogalla
Ikat heute: An der BURG startet EU-Forschungsprojekt zur nachhaltigen Textilproduktion in Zentralasien
Das Projekt RUTSIS soll die traditionelle Textilherstellung Usbekistans und Tadschikistans weiterentwickeln.
Zum Semesterbeginn 2020 startet an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle das Forschungsprojekt RUTSIS – Reviving Uzbekistan's and Tajikistan's Sustainable Ikat and Silk Production. Ziel des in der Studienrichtung Textildesign verankerten Projekts ist die Wiederbelebung und Weiterentwicklung der Seiden- und Ikatproduktion in Zentralasien. Mit dem Fokus auf Qualität sowie auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit soll die lokale Seidenproduktion mithilfe von RUTSIS vor Ort gefördert werden. Ebenso sollen nachhaltige Richtlinien für die Herstellung von Ikat-Textilien entwickelt und Ergebnisse in Form von Lehrmaterialien in die Aus- und Weiterbildung von Produzierenden integriert werden. Das auf drei Jahre angelegte wird durch SWITCH ASIA, ein Programm der Europäischen Union für die Entwicklungszusammenarbeit mit Kooperationspartnern in Usbekistan, Tadschikistan und Deutschland, gefördert.
Zugeschnitten auf die Ikat-Produktion forschen seit Oktober 2020 an der BURG die eigens für das Projekt angestellten Mitarbeiterinnen Johanna Rogalla, Laura Linsig und Kristin Nebauer unter Projektleitung von Textildesignprofessorin Bettina Göttke-Krogmann zu regionalen Färberezepturen, verfassen Lehrmaterialien und erarbeiten Vermittlungskonzepte. Über den Schutz der regionalen Textilproduktion hinaus soll das textile Erbe mithilfe von Design in einen zeitgenössischen Kontext gebracht und zugänglich gemacht werden. Hierzu ist in der Zusammenarbeit mit dem Crafts Development Center Margilan in Usbekistan und dem Tourism Development Center in Tadschikistan, ein Austausch zwischen Designer*innen und Burg-Studierenden geplant, der die Sichtbarkeit regionaler Ikats durch die gemeinsame Entwicklung einer Kollektion steigern soll. Ergänzend wird ein digitales Archiv mit dem Fokus auf zentralasiatischen Ikat entstehen, das Wissenschaftler*innen, Handwerker*innen, Gestalter*innen und Sammlungen weltweit als Recherche- und Arbeitstool dienen soll.
Das an der BURG und den Partnerregionen angesiedelte Forschungsprojekt, koordiniert von der Berliner Beratungseinrichtung adelphi, verfolgt das Ziel, den Austausch von textilen Waren und kulturellem Wissen in den Regionen zu fördern. Zudem sollen Mittel-, Klein- und Kleinstunternehmen in der Weiterentwicklung ihrer Produkte in Aspekten wie Färbung, Ressourcenschonung und Qualitätskontrolle unterstützt werden. Ergebnisse des 2019 abgeschlossenen Burg-Forschungsprojektes Organic Prints fließen dabei in die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern ein, in der Leitfäden für die umweltschonende Färbung mit Naturfarbstoffen und den nachhaltigen Umgang und regionalen Bezug von Produktionsmitteln erarbeitet werden.
Über die Kultur der Ikat-Produktion in Tadschikistan und Usbekistan
Der Begriff Ikat bezeichnet Textilien, die vor dem Weben durch Abbinden und Färben des Garns ihre charakteristische Musterung erhalten. Diese Stoffe sowie die Traditionen der Seidenherstellung und -verarbeitung prägten die textile Kultur Zentralasiens nachhaltig und machen Usbekistan und Tadschikistan zu einem integralen Bestandteil der Großen Seidenstraße. Bis heute sind Ikats das Markenzeichen vieler zeitgenössischer einheimischer Designer*innen und Modemarken, die lange von den westlichen Märkten getrennt waren. Aktuell steigt das Interesse an den einzigartigen hochwertigen Designs des Ikat auch international zunehmend. Allerdings ging angesichts der Auflösung der Sowjetunion und des Bürgerkrieges in Tadschikistan ein Großteil des Wissens über Seidenraupenzucht und die herkömmlichen Herstellungsverfahren von Ikat-Textilien verloren. In der Zwischenzeit wurden diese vielerorts durch beispielsweise industrielle Färbemethoden ersetzt, die zur Belastung der Umwelt und der Wasserressourcen beitragen. Das Projekt möchte einen Beitrag leisten, verschüttetes Wissen wiederzubeleben und in einen zeitgenössischen Kontext zu bringen.
Projektbeteiligte und Förderer
Das Projekt wird von adelphi research gGmbH geleitet und ist Teil des SWITCH-Asia – Förderprogramms der EU. Kooperationspartner sind die Industrie- und Handelskammer der Republik Tadschikistan, das Crafts Development Center Margilan, die Industrie- und Handelskammer der Republik Usbekistan und die Studienrichtung Textildesign der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle.
Ikatproduktion auf Industrie-Webstühlen in der Yodgorlik Silk factory in Margilan, Usbekistan. Foto: Nadja Zdravkova
Ikatmalermeister bei der Vorbereitung einer Seidenkette im Crafts Development Center Margilan. Foto: Nadja Zdravkova
Ikatproduktion auf Industrie-Webstüh-len in der Yodgorlik Silk factory in Margilan, Usbekistan. Foto: Nadja Zdravkova
Hof des Crafts Development Center Margilan, Usbekistan. Foto: Nadja Zdravkova
Yodgorlik Silk factory in Margilan, Usbekistan. Foto: Nadja Zdravkova