„Heute bin ich...“

Masterkollektion von Helene Werner
Teil 2: Conceptual Fashion Design

Wintersemester 2016/17

Foto: Robert Raithel
Kollektion: Helene Werner
Model: Fabian

„Heute bin ich...“ 

Mein Masterprojekt „Heute bin ich...“ ist eine Untersuchung der Begrifflichkeiten: Wandelbarkeit, Variabilität und Identität.

Die theoretische Auseinandersetzung dieser Themen entstand über ein Verkleidungsexperiment im öffentlichen Raum. Ich wurde von der Frau zum Mann namens Hannes, der auf eine Party geht. Natürlichkeit, alltägliches Rollenverhalten und Maskerade sind Begriffe, die ich anhand dieses Selbstexperiments, durch Einbezug meiner Umwelt, erforscht habe. Verkleidung ist dabei nicht vom Modebegriff abzugrenzen und nicht als realitätsfernes Kinderspiel abzustempeln.

Mode als Praxis ist auch Verkleidung, denn es bringt Identitäten hervor und geht einher mit Selbstinszenierung, die anders nicht sichtbar wären. Meiner Definition nach ist Verkleidung eine Umwandlungspraxis, somit ist auch Mode getrieben von Umwandlung. Es ist kaum noch möglich in Schnitt, Form und Material neue Bilder in der Mode zu erschaffen. Das Neue entsteht vielmehr über den veränderten Umgang mit bereits Bestehendem und neuer Belegung von Assoziationen. „Das Neue als Indiz der Mode, als das Etikett, das der Kleidung angehaftet werden kann, ist immateriell und kann mithilfe von Inszenierungsstrategien in der Modenschau erschaffen werden.“ (Kühl, 2015, p.51) „Die Innovation besteht nicht darin, dass etwas zum Vorschein kommt, was verborgen war, sondern darin, dass der Wert dessen, was man immer schon gesehen hat, umgewertet wird“ (Groys, 1992, n.p.). Umwandlung lässt etwas Drittes entstehen, was nicht aus dem Nichts entspringt, sondern den Ausgangskomponenten bereits innewohnt. Umwandlung kann wieder rückgängig gemacht werden. Diese Methodik war mein Gestaltungsprinzip für meine praktische Arbeit.

Die zwölfteilige Kollektion besteht aus dreißig gleichen Hemden. Das graue Hemd, als das Alltägliche, das bereits da ist, als Produkt des Konsenses von gutem Geschmack ist mein Ausgangsmaterial. Die grauen Hemd habe ich online bestellt, welches der typischste Weg in unserer heutigen Zeit ist um mit Mode in Kontakt zu kommen. Die umgewandelten und umgenutzten Hemden werden zu neuen Outfits und das Präsentieren in der inszenierten Show von Kleidungsstücken lässt Mode entstehen. Die Drapierungen, nur durch Knöpfen und Knoten an den Körper gebracht, liegen dem spielerischen Verkleiden nicht fern und sind reversible. Die Show ist vorbei und die grauen entknoteten und aufgeknöpften Hemden können wieder im Packet zurückgeschickt werden. Das graue Hemd ist mein Material, Drapierung meine Technik, Umwandlung mein Gestaltungsprinzip und das Produkt ist die Idee an sich. Wie bei meiner Verwandlung zum Mann nehme ich das was da ist, ohne etwas materiell Neues zu erschaffen und doch entsteht etwas Neues dabei. Die Mode ist hierbei mein Medium um eine Idee zu transportieren, ein Experiment zu visualisieren und erfahrbar zu machen. Mein Ziel war es eine andere Möglichkeit von Mode, vom Umgang mit Mode aufzuzeigen, um dann festzustellen, dass Mode schon immer genau das war: etwas Kulturschaffendes.

Literaturverzeichnis:
Alicia Kühl: Modenschauen; Die Behauptung des Neuen in der Mode, Bielefeld, 2015, transcript Verlag
Boris Groys: Über das Neue, Versuch einer Kulturökonomie, München, 1992, Fischer Verlag