Ansicht der Neustädter Passage
Buch+
Ein Buchladen mit Mehrwert
Entwurfsprojekt Wintersemester 2023/2024 | Prof. Rita Rentzsch und KM Janna Radlow
Neustädter Passage
Halle-Neustadt ist die größte je in Deutschland errichtete Planstadt. Mit dem Wegfall der chemischen Industrie nach dem Mauerfall verlor die ehemalige Vorzeigestadt des Sozialismus stark an Bevölkerung und an Perspektive. Viele Plattenbauten sind bereits abgerissen. Auch das Schicksal des Zentrums von Neustadt ist ungewiss. Das Stadtteil-Zentrum Passage 13, das Kollektiv Freiraumgalerie und das Studio Wert der Dinge engagieren sich, um die zweigeschossige Fußgängerzone Neustädter Passage zu beleben. Hier soll zukunftsträchtig sozialer Raum für die multi-ethnische vielschichtig diverse Bevölkerung entstehen.
Aufgabenstellung
Bücher sind Kulturgüter. Sie hüten und verbreiten Wissen, zeigen Meinungen und erkunden Fiktionen. Trotz digitalem Fortschritt erfreuen sich Bücher großer Beliebtheit. Ob Roman, Lyrik, Kurzgeschichte oder Graphic Novel – Lesen fasziniert und eröffnet neue Perspektiven. Die Aufgabe für die Projektgruppe war es einen Buchverkauf mit sozialem Mehrwert in der leerstehenden Gewerbeeinheit im Zentrum von Halle-Neustadt zu entwerfen. Der Mehrwert konnte Poetry Slam, Büchercafé, Sprachschule, Bilderbuchkino, Krimi-Treff oder Schreibwerkstatt und vieles mehr sein. Der geschaffene Raum soll Menschen vor Ort zusammenzubringen und ihnen eindrückliche Begegnungen mit Literatur ermöglichen. Es wurde ein starkes Raumbild als Einladung an die Zielgruppe entwickelt. Vertiefend wurde eine Entwurfskomponente im 1:1 baulich umgesetzt.
Bestandsgrundriss
Zum Semesterstart ging es für die Projektgruppe Buch+ für drei Tage nach Kassel. Dort untersuchten wir erzählerische und soziale Orte mit dem Schwerpunkt Buch und Sprache.
Auf dem Programm stand die Besichtigung von Buchläden, eine Führung in der Grimmwelt Kassel, der Besuch des Kinderbuchfestivals „Storytales“, eine Lesung im Literaturhaus und ein Einblick in das Studium an der Kunsthochschule Kassel.
Exkursion nach Kassel – Fotos: Janna Radlow & Antonia Springer
Workshops mit Gästen aus den Sparten Architektur, Partizipation und Literatur begleiteten den Semesterverlauf.
Stadtspaziergang durch Halle Neustadt mit Juliane Aleithe – Foto: Janna Radlow
Workshop "1000 stories" mit der Raumstrategin Janna Nikoleit – Fotos: Janna Radlow
Schreibwerkstatt mit Ulrike Feibig – Foto: Katharina Gruber
Henrike Bergmann, Katharina Gruber und Antonia Springer
BUCH+KÜCHE
ein Ort für Bücher, Esskultur und Nachbarschaft
ist Buchladen, der neben aktueller, internationaler Literatur auch einen Raum zum gemeinsamen Kochen öffnet. Essen schafft eine verbindende Ebene, um sich über Kulturen und Alltägliches auszutauschen. Es entsteht ein Ort, an dem sich Neustädter*innen mit ihren verschiedenen Hintergründen begegnen, kennen- und verstehen lernen. Prägend für den Buchladen ist ein rosaroter Raum im Raum, der sich auffällig durch die Fassade schiebt. Umhüllt von einem leichten Vorhang findet hier das Abendprogramm statt. An einer langen gefliesten Tafel können Gruppen von bis zu 14 Personen gemeinsam kochen, essen und ins Gespräch kommen. Zahlreiche an der Decke hängende Rezepte erzählen von vergangenen Kochabenden. Bei zurückgezogenem Vorhang dreht sich der alltägliche Ladenbetrieb vor allem um das Lesen. Holzregale dienen dabei nicht nur als Raum für Bücher, sondern beherbergen auch Sitznischen für Lesende, die Kasse und eine Garderobe. An den Regalstirnseiten zitiert ein Leitsystem aus Fliesen mit eingegossenen Genrebezeichnungen das Thema Küche.
Axonometrie
Entwurfsausschnitt in 1:1 – Foto: Antonia Springer
Bendegúz Molnár und Dana Cao
BUCH MACH
lesen - inspirieren - machen
Buch Mach, kurz Buma ist Buchladen und Kreativwerkstatt in einem. Für Jung und Alt vereint dieser Ort Input und Output.
Im hinteren Teil des Ladens erstreckt sich über die gesamte Breite ein großes Archiv für diverse Kreativworkshops. Das verwendete Archivprinzip ermöglicht es acht Schränke auf Schienen hin und her zu kurbeln. In ihren Zwischenräumen öffnen sich die spezialisierten Werkstattbereiche, mit zugehörigen Werkzeugen, Materialien, Kunstobjekten und Büchern. Diese inspirieren und vermitteln Hintergrundinformationen. Der vordere Ladenbereich bietet Platz für Workshops und freies Arbeiten. Weil verschiedene Projekte unterschiedliche Raumqualitäten benötigen, sind Hocker und Tische in in einer Tragstruktur entlang der Seitenwände verstaut. Je nach Bedarf können diese abgenommen und frei platziert werden.
Axonometrie
Entwurfsausschnitt in 1:1 – Foto: Bendegúz Molnár
Julian Leibold und Johannes Schönherr
BUCHZIRKEL
Eine Buchwerkstatt für Kinder
In den Bestandsbau in Halle-Neustadt zieht eine Buchwerkstatt für Kinder ein. Sie schafft Zugang zur heranwachsenden Generation und generiert einen stadtteilübergreifenden sozialen Mehrwert.
Der Buchzirkel bringt in handwerklichen Workshops Kindern auf spielerische Art das Medium Buch näher. Hier wird gemeinsam gestaltet und das Gestaltete anschließend zusammen bestaunt. Für erwachsene Gäste besteht die Möglichkeit, ausgewählte Kinderbücher zu kaufen oder an Veranstaltungen rund um das Thema Buch teilzunehmen. Im Zentrum des Raums steht ein kreisrunder Inspirationsort. Er trotzt bewusst dem strengen Raster der architektonischen Umgebung. Mit diesem Kern haben wir uns vertiefend gestalterisch auseinandergesetzt. Seine durchscheinenden Schiebewände ermöglichen verschiedene Raumnutzungen. Dafür beherbergt er vielerlei Sachen: mobile Wägen für Werkzeug, Bücherfächer, Pinn ächen und eine Ruhezone. Einen der beweglichen Werkstattwägen für Kinder haben wir in Originalgröße umgesetzt.
Schnitt und Grundriss
Die Werkbank für Kinder als 1:1 Mock Up – Foto: Johannes Schönherr
Isabell Bilfinger Unzueta und Lea Sickel
GESCHICHTENWERKSTATT
Eine vierte Klasse kommt am Vormittag zum Linoldruckkurs, am Nachmittag trifft sich eine Frauengruppe zum Schreiben und um 18 Uhr beginnt eine Lesung aus dem Buch „Unser Deutschland Märchen“. Gegenüber im Raum wird eine Auswahl an Auto-/Biografien unter wechselnden Rubriken ausgestellt. Neben einem Buch steht eine buntverzierte Schale. Auch eine gelesene Textpassage ist zu hören. Beides schafft einen sinnlichen Zugang zu den Büchern, den Autor*innen und deren Geschichten. Das 200 Quadratmeter große Ladenlokal in der Neustädter Passage ist in eine Buchwerkstatt mit Werkbank und eine Buchausstellung gegliedert. Metallgitter prägen die Raumatmosphäre und ermöglichen Flexibilität. Ein ultramarinblaues Deckengitter bietet Aufhängung für Beleuchtung und Präsentationswände. Zusätzlich zieht sich ein verzinktes Gitter entlang der Wände, an dem sich vielfältige Funktionsmodule einhaken lassen. Die Geschichtenwerkstatt ist ein belebter Treffpunkt für Neustädter*innen, um vielfältigen Lebenswegen eine Plattform zu geben.
Axonometrie
Eine wechselnde Bücherausstellung schenkt neuen Zugang zum Buch. Über taktile, auditive und visuelle Reize werden Geschichten vermittelt.
Juro Lehmann und Aline Heizmann
TEXTPASSAGE
Eine partizipative Zeitung für Halle Neustadt
Die Neustädter Zeitung ist eine mehrsprachige Zeitung für Inhalte des Stadtviertels und darüber hinaus. Mit Beiträgen über Politik und Gesellschaft sowie Kunst und Subkultur richtet sie sich an alle Bewohner*innen und gibt all jenen eine Stimme, die sich dazu entscheiden, an der nächsten Ausgabe mitzuarbeiten. Zusammengetragen werden die Inhalte in der „Textpassage“ – ein transparentes, einladendes Redaktionsbüro mit dem Ziel, ein aktiver Treffpunkt für Hallenser*innen zu sein und niedrigschwelligen Austausch zu fördern. Die schräg eingerückte Glasfassade erzeugt einen geräumigen Außenbereich, der mit einem Kiosk und einer Sitztreppe zum Verweilen einlädt. Im Innenraum ermöglichen Schienen im Raster der Lichtdecke das flexible Anbringen von Pinnwänden und Zeitungsauslagen. So entstehen Bereiche für die „mit mach“ Redaktion, Diskussionsrunden und Lesungen. Die helle Farbgebung und klare Materialität schafft einen Raum für die Mitgestaltung durch Besucher*innen.
Axonometrie
Flexibles Regalsystem als 1:1 Ausschnitt
Franziska Hofmann und Charlotte Beier
WENDEPUNKT
Büchercafé mit Alphabetisierungsangeboten
In Deutschland hat jede siebte Person Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Menschen, die sich in ihren Sprachfähigkeiten verbessern möchten, sind Zielgruppe des „Wendepunkt“. Die Raumgestaltung unterstützt das Vorhaben, die Scham über mangelnde Fähigkeiten zu überwinden. Gäste betreten ein einladendes Café mit außergewöhnlichen Bücherwänden, gefüllt mit geeigneter Literatur. Diese, als auch die farbenfrohen Sitzmöbel sind drehbar und lassen so flexible Einrichtungsvarianten zu. Im hinteren Teil ist eine lange Theke, sie verbindet Literaturverkauf und -verleih mit einem Angebot an Getränken und Snacks. Darüber hinaus ermöglicht ein Workshopraum Gruppen die Teilnahme an Kursen. Ein zusätzlicher Medienraum ergänzt das Angebot für weitere Lerntypen. Hier können an Audiostationen Hörbücher genutzt und auf Displays Motivationsvideos angesehen werden. In allen Bereichen bestehen die Decken aus parallel verlaufenden Wellenformen in Kombination mit indirektem Licht. Sie schaffen eine gemütliche Atmosphäre und fördern durch schallreduzierendes Material die Konzentration.
Axonometrie
Drehbare Bücherwände als 1:1 Ausschnitt – Foto: Franziska Hofmann
Ausstellung der Projektergebnisse – Fotos: Janna Radlow
Studierende
Charlotte Beier
Henrike-Sophie Bergmann
Isabell Bilfinger Unzueta
Dana Cao
Katharina Gruber
Aline Heizmann
Franziska Hofmann
Juro Lehmann
Julian Leibold
Bendegúz Molnár
Johannes-Elias Schönherr
Lea Sickel
Antonia Springer
Gäste
Juliane Aleithe, Berlin
Führung Halle-Neustadt
Janna Nikoleit, Hamburg
Workshop 1000 Stories
Kathrin Buchmann, Berlin
Gastkritik zum Schulterblick
Ulrike Feibig, Leipzig
Schreibwerkstatt
Studierende
Charlotte Beier
Henrike-Sophie Bergmann
Isabell Bilfinger Unzueta
Dana Cao
Katharina Gruber
Aline Heizmann
Franziska Hofmann
Juro Lehmann
Julian Leibold
Bendegúz Molnár
Johannes-Elias Schönherr
Lea Sickel
Antonia Springer
Gäste
Juliane Aleithe, Berlin
Führung Halle-Neustadt
Janna Nikoleit, Hamburg
Workshop 1000 Stories
Kathrin Buchmann, Berlin
Gastkritik zum Schulterblick
Ulrike Feibig, Leipzig
Schreibwerkstatt