Die beleuchteten Gläser erzeugen ein spannendes Schattenpiel,
welches sich je nach Position verändert und Assoziationen von
natürlichen Strukturen hervorruft. Die Strukturen im Glas, welche
die Schatten erzeugen, sind auf dem ersten Blick kaum ersichtlich
und entstehen beim eindrehenden Einblasen.
„ [...] ein sonderbares Gespinst aus Raum und Zeit: eine einmalige
Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“. Walter Benjamin
Welches ist der ideale Raum und wo finden wir diesen?
Auf Reisen durch vernebelte Bergdörfer, im Glanz des Meeres
treibend, im berauschenden Fahrtwind, der durchs offene Autofenster
dringt, oder vielmehr tief in unserem Innern?
Erinnerungen und Wünsche kreieren in uns persönliche ideale
Räume und Stimmungsbilder. In geheimnisvoller Spannung und
mit fließender Klarheit schließen die Lichtobjekte innere Szenen
und Sphären wie in einer Kapsel ein. Das Zusammenspiel ihres
Lichtglanzes, der durch kristallklare Materialität und weiches Licht
entsteht, ihrer individuellen Schattengestalt und ihrer zarten Farben
macht sie zu poetischen Objekten.
SS 2017 Komplexes Gestalten
GLAS RAUM LICHT
Projektbetreuung: Gastprof. Susan Liebold und Dipl.Des. Steffi Auffenbauer
Glasmacher: Cornelius Réer
Glas ist ein fragiler Werkstoff, der seit seiner Erfindung den Menschen stetig zu poetischen, aber auch zu äußerst funktionalen Erfindungen inspiriert. Glas und Licht stehen in einem symbiotischen Dialog und finden häufig in der zeitgenössischen Architektur ihren Ausdruck. Ziel war es, neue Aspekte einer Interaktion der drei Komponenten Glas, Raum, Licht zu erforschen. Dabei sollte es darum gehen, den Werkstoff Glas mit seinen Eigenschaften und Möglichkeiten zu erfahren. Auf experimenteller Ebene erprobten die Studierenden neue Wege zur Gestaltung von Räumen mit Glas und Licht.
Atmosphärische Aspekte spielten dabei eine wichtige Rolle. Die Komponente Licht wurde in Form von künstlichem, aber auch natür-lichem Licht betrachtet. Den Studierenden stand es frei, Ideen für Raumobjekte oder Rauminstallationen zu entwickeln. Ausgehend von einer Exkursion nach Köln und dem damit verbundenen Besuch des Kölner Doms, des Columbamuseums und dem MAK referierten die Studierenden zum Idealen Raum. Die Betrachtung des idealen Raumes sollte auf einer persönlichen, subjektiven Ebene stattfinden und ist als individueller Ausgangspunkt der Ideenfindung zu sehen. Im Zuge einer weiteren Exkursion ins Glaswerk Schneidemühle, der Fabrik des Glasflaschenproduzenten Wiegand Steinbach am Wald und des Europäischen Museums für modernes Glas Rödental lernten die Studierenden ein breites Spektrum an Möglichkeiten des Einsatzes von Glas kennen. Verschiedene Techniken der Glasbearbeitung konnten die Studierenden erfahren. Die sogenannte Heißglasbearbeitung am Ofen wurde von Cornelius Réer in der Glaswerkstatt in Nürnberg und Glasmanufaktur Derenburg, sowie die Kaltglasbearbeitung in der Glasmanufaktur Derenburg in dreiwöchigen Workshops vorgenommen. Ergänzende Techniken, wie Glasbläserei und Fusing wurden im Glaswerk Schneidemühle realisiert. Ein breites Spektrum zum Glas kombinierter Materialien und innovativer Lichttechnik vervollständigt die gläsernen Prototypen. Die finale Installation der Arbeiten in manifesten Räumen erprobt die atmosphärische Wirkung und Interaktion der Objekte und Installationen. // Gastprof. Susan Liebold
/ LAURA JOHANNA KÖNIG
// ILLUSION EINES FENSTERS ZUM HOF
Mein idealer Raum − das sind die kostbaren Minuten am Nachmittag.
Vor meinem Fenster. Wenn draußen die Sonne scheint und das Leben passiert. Wenn ich an dem Treiben passiv teilnehmen darf und mein Blick mit meinen Gedanken im Himmel hängen bleibt. Buntes Licht durch trübe Scheiben. Tanzende Punkte in staubiger Luft. Der Baum vor meinem Fenster.
Sonne ist Luxus. Fenster sind es auch. Es gibt Räume, die kein
Fenster haben und Fenster, die nichts Schönes zeigen.
Ich habe durch Bewegung und Licht lebendige Fenster gebaut, die
es dem Menschen ermöglichen sollen, jederzeit und -orts in ein
Draußen zusehen. Es gibt Orte, von denen man sich wegträumen
will; Orte, denen ein tröstlicher Ausblick fehlt. Mit meinem Projekt
will ich Räume durch eine Illusion bereichern.
/ MARA KOOS
// RAUMGEFÜHL / GLAS ZYLINDER FARBE
Faszinierende und anziehende Raumatmosphären entstehen für
mich dann, wenn an einem Ort oder in einem Moment etwas Unerwartetes und Außergewöhnliches empfunden werden kann. Für das Projekt sind die Leitmotive meines idealen Raums Überraschung
und Entdeckung. Drei Komponenten prägen das Lichtobjekt: Zylinderform, Farbglas und bogenförmige Einschnitte. Fünf Zylinder mit größer werdenden Durchmessern sind ineinander gestapelt. Bogenförmige Einschnitte ermöglichen ein Hineinschauen ins Innere der Leuchte und das Erleben der einzelnen Zylinderschichten. Durch die zueinander verdrehten Zylinder entsteht ein Raumgefühl. Jeder Zylinder bekommt eine eigene Glasfarbe, wodurch sich beim Betrachten von außen ein Farbspiel aus den Mischtönen ergibt, durch die Torbögen blickend erfährt man ein Farbspektrum aus den Einzelfarben. Die gewählte Farbstaffelung bewirkt eine Verstärkung der räumlichen Tiefe. Die präsente, geometrische Zylinderform bekommt durch die Einschnitte und Farbigkeit eine teilweise Auflösung und wirkt unerwartet leicht.
Durch das Betreten eines dazu entwicklten Raummoduls erfährt
der Besucher unbewusst eine spiralförmige Wegführung, die
das Umwandern der im Zentrum hängenden Leuchte unterstützt.
Gleichzeitig wird das Erleben und Betrachten der Leuchte aus unterschiedlichen Blickpunkten angeregt.
/ KATERINA KAGIOGLIDIS
// M.I.
Ein idealer Raum kann nicht statisch sein – nicht für mich.
Er muss in Bewegung sein. Ich muss in Bewegung sein – Unterwegs
– in Freiheit. Sicherheit ist es, was es braucht, um das genießen zu
können – Geborgenheit – der Nervenkitzel, der uns lebendigmacht.
Hormone, die durch den Körper rauschen – Adrenalin.
Ich bin fokussiert. Ich bin im Moment. Ich lebe.
Das Gefühl von Freiheit, Sicherheit und dem Moment des Loskommens, des in-Bewegung-Seins. Ein tragbares Licht.
Die Grenzen des Materials und des Herstellungsverfahrens wurden
ausgereizt. Ein über hundert Millimeter tief gedrechselter Holzzylinder,
der sich schützend um mundgeblasenes Glas legt, das Licht
in sich trägt. Doch der Henkel ist es, der alles zusammenhält und
in Bewegung bringt. Trägt man es, bewegt sich der Glaskörper aus
dem Zylinder heraus und leuchtet hell. Stellt oder hängt man es,
senkt er sich wieder ins Holz. Es gibt drei Prototypen.
Sie wurden in unterschiedlichen Varianten entwickelt. Edel aus
Nuss und Messing, rustikal aus Esche und Leder und modern aus
Ahorn und farbig lackiertem Stahl.
/ SYLKE PFEIFFER
// FLUIDO
Die Schönheit der Natur umgibt uns, weckt unsere Sehnsüchte
und rückt uns ins Bewusstsein, dass wir ein Teil von ihr sind. Ein
Spaziergang durch den Wald, ein Sommertag am See oder die Aussicht auf eine Berglandschaft sind Erfahrungen, bei denen ich zur Ruhe finde. Momente wie diese bilden für mich einen idealen Raum.
Von diesem ausgehend wollte ich eine Atmosphäre schaffen, die zum Verweilen einlädt. Meine Inspiration war ein Flickenteppich aus Licht, der im Geäst von Laubbäumen entsteht, und das Wasser, das sich in Form von Tropfen auf den Pflanzen sammelt. Es sind die Prinzipien der Überlagerung, des Durchdringens und des Fließens, die ich in meinen Ideen aufgreife.
Die freien Formen des Glases erinnern an Tropfen und sind vom
natürlichen Fließverhalten des Materials abgeleitet. Wie übergroß eingefroren, eröffnen sie neue fantastische Welten, spielen mit Reflexionen und Spiegelungen. Sie sind an einem Seil befestigt und können durch immer neue Arrangements im Raum wandern. Für das Seil und die Halterungsschienen habe ich das Material Kupfer erwendet. Seine Materialästhetik erzeugt in Kombination mit den Glasobjekten eine warme, sanfte Anmutung. Die Arbeit ist in verschiedenen Dimensionen angedacht. Sie kann einen Teil des Raumes einnehmen, oder ihn komplett durch spannen. Dies ermöglicht den Betrachtenden selbst Teil der Installation zu werden.
/ SELINA WEBER
// LINA
Innere Bilder von Dynamik und Rhythmus inspirierten mich für meinen
Entwurf, der grafische Flächen und Linien in den 3-dimensionalen
Raum übersetzt.
Als Grundlage wählte ich transparente Glasrohre, deren Oberflächen
ich mit einem grafischen Muster aus mattierten Linien versah.
Ich kombinierte die Röhren mit schwarzem Flachglas. Diese Durchdringen an drei Stellen die schwarze Fläche des Glases.
Die hochglänzende Oberfläche der Scheibe spiegelt das rhythmische
Linienmuster der Röhren - Spiegelungen, die je nach Blickwinkel variieren. An den Schnittstellen von Röhren und Flachglasscheibe befinden sich 3D-gedruckte Verbindungselemente. Sie sind die Träger der Konstruktion und bestimmen den Winkel zwischen Rohr und Flachglas. Kaltweiße LED-Beleuchtung verleiht dem Glasobjekt eine technisch-kühle Optik, die der Formensprache entspricht.
/ JANINA MYRONOWA
// ANIMA
For me it is an emotional presentation. Process of creating is like
cooking. I have a lot of ingredients which I put in my personal composition.
Sometimes it is funny, provocative or even dangerous. This tastes show me a range of different emotions. Installation made of three materials: glass, porcelain and paper. I represent human bodies in the relations to the animals. Porcelain objects are made by hand build technique. Glass elements are made with two different techniques: it is free blowing glass and lampworking glass. Graphic elements are shown on the surface of
paper and on porcelain elements of the composition. Space which I create is showing a piece of life. My ideal space is formed when all elements find their place. Composition could be moved and come in interaction with a viewer. It is like a living structure. Figures presented graphically are in similar sizes to human bodies. I would like to make the viewer comfortable with a new family and invite to find similarities to own life. Materials which I use are controlled by high temperatures and they complete each other.
/ MARCO KUSOLD
// LEBENSRÄUME
Räume können schmal, repräsentativ, hoch, kalt, warm, klein, groß,
gemütlich, klar, weit, chaotisch, düster, dezent, lichtdurchflutet und
vieles mehr ... sein.
Es gibt so unendlich viele verschiedene Räume, wie es Menschen
gibt, die sie wahrnehmen und erleben. Jeder Raum ist einzigartig.
Für mich gibt es besondere Räume – Lebensräume. Jeder meiner Lebensräume ist auf unterschiedlichste Weise miteinander vernetzt, obwohl jeder für sich so einzigartig und anders ist. Viele kleine Lebenswelten in einer Großen – meiner Welt. In meiner Arbeit habe ich die verschiedenen Lebensräume als geschlossene Glaskugeln dargestellt, welche in Größe und Form variieren. Da Kupfer für mich etwas Leitendes, Vernetztes und Starkes ist, stellen sie die Verbindung zwischen den gläsernen, kugeligen Lebensräumen da. Die Beleuchtung ist Lichtpunkt und Ankerpunkt und soll aus der Mitte heraus leuchten.
/ EUNYOUNG CHO
// MEGACITY
Meine Arbeit hängt stark zusammen mit meiner idealen Raumvorstellung. Als eine Koreanerin, aufgewachsen in Seoul, habe
ich eine Vorliebe für Großstädte. Während der japanischen Besetzung
von 1910 bis 1945 und des Koreakrieges 1950 wuchsen die koreanischen Großstädte ohne eine vorgegebene Struktur. Pragmatismus und Funktionalität waren in den Wohnvierteln wichtiger als die Ästhetik. Genau so chaotisch wie Häuser mit Wohnung und Läden entstanden, schichteten sich kitschige Leuchtreklamen und grelle Neonschilder an die Häuserfassaden. Und dieses Bild prägt den Charakter meiner Geburtsstadt Seoul bis heute - für mich das Bild meiner Heimat und mein idealer Raum. Ein Raum gefüllt mit buntem Glas, unzähligen Reflexionen und grellem Neonlicht. Ich transportiere dieses atmosphärische Bild auf Glasplatten, die wiederum dreidimensional durch Verschmelzungen „Fusing“ verformt werden. Szenen der Großstadt abstrahiere ich grafisch auf jeder einzelnen Glasplatte. Mit Bleistiftzeichnungen auf den Glasplatten, die bei hoher Temperatur eingebrannt werden, erscheint eine faszinierende Grafitgrafik. Zur Erzeugung der bunten Flächen benutze ich farbiges Glasmehl und spezielle Marker. Durch Verschmelzung der Platten wird das einfallende Licht auf besondere Weise gebrochen und reflektiert. Die Glasplatten, aufgehangen an Drahtseilen, schwingen beweglich leicht im Raum. Es ist meine poetische Übersetzung einer leuchtenden, bunten und verschachtelten Metropole.
/ LEONIE HOLTMANN
// INNERER RAUM / ESSENZEN
Dieser Raum des Empfindens entstand in mir, mit dem ich als
Grundlage Glas gestaltet habe.
In gelb-grün Tönen, als Homage an das heilige und kostbare Leben,
gestalte ich Glastropfen, aufgefangen von blau-violetten Schalen.
Es ist die Essenz von Geben und Empfangen, als lichtvoller Gedanke.
Farbiges Glas, belebt durch Licht und seine materielle Offenheit,
dieses in sich aufzunehmen und davon durchdrungen zu erstrahlen.
/ STUDIERENDE
MENTOREN
v.li. Gastprofessorin Susan Liebold, Dipl. Des. Steffi Auffenbauer,
Frederike Nelles, Mara Koos, Sylke Pfeiffer, Laura Johanna
König, Eunyoung Cho, Ronny Koch (Lichttechnik), Janina Myronowa,
Katerina Kagioglidis, Alicia Ruge, Marco Kusold, Leonie Holtmann,
Selina Weber
/ PRAXISPARTNER
Glaswerk Susan Liebold, Schneidemühle
Glaswerkstätte Cornelius Réer, Nürnberg
Glasmanufaktur Harzkristall GmbH, Derenburg
Glasfachschule Zwiesel, Zwiesel
/ HERZLICHEN DANK !
Ronny Koch (Beleuchtungstechnik / Lichtinstallation)
Norbert Koch (Apperateglasbauer)
Carolin (Assistenz des Glasmachers)
Dipl. Ing. Jörg Seifert (Beleuchtungstechnik)
Guido Olbertz / OLED Works
Sebastian Einecke (Glasmanufaktur Derenburg)
Christian (Schleifer der Glasmanufaktur Derenburg)
Hans Wundy, Gunther Fruth (Glasfachschule Zwiesel)
Dr. Angelika Steinmetz-Oppelland (Kunsthistorikerin)
Dr. Doris Ehrt (Glaschemikerin)
Thomas Leuthold (Fotograf)
Mona Brembach (Gipsmodellbauwerkstatt BURG)
Katja Uhlmann (Porzellanwerkstatt BURG)
Zentralwerkstätten der BURG
Designhaus-Team