SipBag
die lebende Wundauflage
– Carla Wirths & Max Koch –
Der SipBag ist eine lebende Wundauflage für chronische Wunden. Enzymatisch entfernen Goldfliegenlarven abgestorbenes Gewebe, verdauen resistente Bakterien und scheiden antibiotische Stoffe aus. Durch die flexible Anpassung an diverse Wunden, die rutschfeste Fixierung und den Druckschutz, wird der Therapieerfolg gesichert und barrierefrei. Der starke Einbezug des natürlichen Prozesses spart Ressourcen und bietet eine schonende Alternative zur OP.
Die Produktion des Bags findet mit gängigen Werkzeugen verschnittfrei und günstig in lokalen Unternehmen statt. Goldfliegen können nahezu global verantwortungsvoll aus der Natur entnommen werden. In der Krankenhausapotheke findet die kompakte Aufzucht, Sterilisierung, ad hoc Abfüllung und der Verschluss des SipBag statt.
In Deutschland leiden ca. 3 Millionen Menschen an chronischen Wunden. Das sind per Definition Wunden, die nach 8 Wochen nicht verheilt sind. Die Ursachen dafür sind verschiedene. 80% dieser Wunden, vor allem an den Beinen, entstehen durch Gefäßerkrankungen oder Nervenschädigungen. Vor allem Diabetiker*innen und Senior*innen sind von chronischen Wunden betroffen. Die (Wund-)Behandlung chronischer Wunden findet im Krankenhaus statt und besteht meistens aus Ursachenbekämpfung und einer operativen Entfernung von abgestorbenem Gewebe, um bessere Bedingungen für die Wundheilung zu schaffen. Hierbei sind meistens mehrere Eingriffe notwendig.
Alternative Behandlungsmethoden zu technischen Eingriffen gibt es schon. Dazu gehört auch die Fliegenlarventherapie. Der Nutzen dieser Methode ist historisch zurückzuverfolgen und wird schon in der Bibel erwähnt. Mit der Erfindung des Penicillins ging ihre Nutzung jedoch stark zurück. Aufgrund zunehmender Multiresistenzen werden die Fliegenlarven heute wieder eingesetzt. In Gazebeuteln werden sie auf die Wunde gelegt. Jedoch wird diese Behandlungsmethode bisher noch nicht als Standardmethode angewendet.
Der SipBag ist eine optimierte lebende Wundauflage für chronische Wunden. In seiner gut verschlossenen Innenkammer leben die Goldfliegenlarven. Durch den luft- und flüssigkeitsdurchlässigen Stoff können sie Stoffe aus der Wunde aufnehmen und ebenso in die Wunde abgeben. Enzymatisch entfernen sie abgestorbenes Gewebe, verdauen sogar multiresistente Bakterien und scheiden antibiotische Stoffe aus. Dadurch regen sie die Heilung und Wundgranulation an. Der Bag lässt sich flexibel an diverse Wunden und Körperstellen anpassen. Die rutschfeste Fixierung macht den Therapieerfolg sicherer und barrierefreier. Der Druckschutz trägt dazu bei, dass sich Patient*innen mit der Wundauflage bewegen können, ohne die Sorge zu haben, die Larven zu zerdrücken. Somit kann die Wundauflage auch vermehrt bei Patient*innen eingesetzt werden, die beispielsweise aufgrund ihrer Demenz dazu neigen gezielt auf die Wundauflage zu drücken. Der starke Einbezug des natürlichen biologischen Prozesses spart Ressourcen und Kosten und reduziert den Einsatz invasiver Maßnahmen am Patienten. Der SipBag optimiert und normalisiert die Madentherapie. Durch ihn wird die Relevanz des Themas der chronischen Wunden noch einmal hervorgehoben.
Die Produktion des SipBags findet mit gängigen Werkzeugen verschnittfrei und günstig in lokalen Unternehmen statt. Goldfliegen können nahezu global aus der Natur entnommen werden. Dabei ist es wichtig, die Ressource dosiert zu entnehmen und die lokale Population zu beobachten. Goldfliegen lassen sich anschließend in der Aufzucht schnell replizieren. Diese kann in unabhängigen Aufzuchtstationen aber auch vor Ort in der Krankenhausapotheke stattfinden, da es ohne großen Aufwand möglich ist, kompakte Aufzuchtstationen bereitzustellen. Bei der Aufzucht sollten die gezüchteten Fliegen regelmäßig mit wilden vermischt werden, um ihre natürliche Wirkkraft hoch zu halten und Inzucht zu vermeiden. Bevor die Larven abgefüllt werden, werden sie steril gemacht. Nach dem Abfüllen wird die offene Befüllstelle verschweißt.
Die Anbringung an verschiedene Körperstellen und -wölbungen erfolgt über die dafür vorgesehenen Stripes am Rande des Bags. Falls diese nicht benötigt werden, können sie vom Pflegepersonal mit einer Schere entlang der Schnittkontur abgetrennt werden. So können auch mehrere Pflaster eng aneinander gelegt befestigt werden, um große Wunden abzudecken. Auf dem SipBag wird anschließend ein Verband angebracht. Somit sind die Larven nicht im permanenten Sichtfenster der Patient*innen, die sich eventuell vor den Tieren ekeln. Der SipBag sollte bis zu 5 Tagen auf der Wunde aufliegen, damit möglichst viele seiner antibiotischen Absonderungen genutzt werden können.
Nach dieser Zeit werden die SipBags, aufgrund der Kontaminationsgefahr thermisch verwertet.
entstanden im Projekt The Insect Project – Resilience Part I
entstanden im Projekt The Insect Project – Resilience Part I