Besuch in der Produktentwicklung von Magazin
MAGAZIN
– viele Besuche und Gespräche, eine grafische und eine praktische Analyse –
von Ying Guo, Eric Geißler und Jacobo Cuesta Wolf
MAGAZIN wurde 1971 in Stuttgart von einer Handvoll junger Unternehmer*innen gegründet und stellte sich von Beginn an die Frage, welche Dinge überhaupt gebraucht werden. Dabei verfolgte die Firma von Anfang an eine sorgfältige Auswahl und vertrieb nur Objekte, welche in ihren Augen sinnstiftend den Alltag bereichern frei nach dem Motto: „Angelrute statt Schleppnetz“. Die Objekte mussten ebenfalls der klaren Haltung der Firma MAGAZIN gerecht werden: Sie sollten funktional, beständig und selbstreferenziell sein und dabei nicht unterkühlt und emotionslos. Außerdem sollten sie um die Ecke gedacht und neuartig in der Konstruktion sein oder bestehendes in Frage stellen.
In den 70er Jahren, in denen gesellschaftliche Konventionen in Frage gestellt wurden und die von kapitalismuskritischen Gedanken, Erneuerung und gesellschaftlichem Wandel geprägt waren, begann Magazin brauchbare Objekte aus anderen Kontexten zu entleihen und umzufunktionieren. Baustrahler und Schwerlastregale fanden so erstmalig ihre Wege in deutsche Wohnzimmer und formulierten eine ganz eigene Antwort auf die Probleme ihrer Zeit. Nicht nur umfunktionierte Möbel finden ihren Platz in dem Katalog. Auch Produkte aus anderen Kulturkreisen werden durch MAGAZIN in Deutschland vertrieben: Gastronomiegläser aus Frankreich, Haushaltsprodukte aus Japan. Alles zu einer Zeit in der solche Dinge nicht im Handumdrehen im Internet zu ordern waren. So entstanden im Laufe der Zeit diverse Läden in einigen deutschen Großstädten: Stuttgart, Düsseldorf, Köln, Bonn und weitere in der ganzen BRD. Fast 50 Jahre nach der Gründung von MAGAZIN als reiner Verleger für ausgewählte Produkte fing das Unternehmen an selbst zu produzieren und muss sich nun ganz neuen Fragen stellen. Wie können zweckmäßige und bedarfsgerechte Produkte aus einer Eigenentwicklung gestaltet sein? Wie müssen wir in Zukunft produzieren und Handeln? Welche Verantwortung ergibt sich, wenn ein Verleger selbst produziert? Welche Chancen für die Nachhaltigkeit hat dies? Wir halfen MAGAZIN Antworten dabei, in Bezug auf diese Frage zu finden.
Im Herzen Berlins arbeitet das Team der Produktentwicklung an neuen Entwürfen oder bringt die Entwürde externer Designerinnen zur Marktreife. Erster Schritt unserer Zusammenarbeit mit MAGAZIN bestand in der Analyse eines Bestandsproduktes. Wir bekamen die Möglichkeit uns mit dem Container DS zu beschäftigen – einem Verstaumöbel, welches an einen Schiffscontainer erinnert. Nach vielen Gesprächen, etlichen Fragen und einem Werksbesuch in Polen, wo der Container zum Großteil gefertigt und montiert wird, mündeten unsere Erkenntnisse in einer grafischen und einer praktischen Analyse. Die grafische Analyse beleuchtet ganz wertfrei den Lebenszyklus eines Container DS. Sie zeigt die Herkunft der Materialien, bspw. des Stahles, die einzelnen Bezugs- und Lieferwege sowie die damit verbundenen „Eco-Costs“ und gibt auch einen Ausblick auf ein potenzielles End of Life Szenario.
Die praktische Analyse versucht objekthaft einen Aspekt zu beleuchten, welcher uns in der Recherche über den Weg lief: Das Verhältnis von Materialeinsatz und Gebrauchszweck. Aufbauend auf der grafischen (und der praktischen) Analyse entwickelten wir einen Thesenkatalog. Diese Thesen resultieren aus den Erkenntnissen, welche wir bei den Analysen gewonnen hatten und halfen uns dabei gute Hebel zu finden, um den Container DS oder andere Strukturen und Systeme rund um MAGAZIN nachhaltiger zu gestalten.
Ziel der praktischen Analyse war es, einzelnen Fragen weniger analytisch, sondern eher praktisch-experimentell nachzugehen. Wir entschlossen uns, einen Container DS zu demontieren. Da das Produkt nicht vollständig aus gepulverten Stahlteilen gefertigt ist, wäre eine Demontage der erste Schritt um ein „Closed-Loop“-Recycling durch ein entsprechendes Recycling Unternehmen zu bewerkstelligen. Diese Demontage dauerte knapp eine halbe Stunde. Nach der Demontage hatten wir einem Baukasten und entschlossen uns, daraus ein neues Verstaumöbel zu gestalten. Der Container hat überall ansehnliche Sichtseiten – viel zu Schade diese so wenig zu nutzen. Wir maximierten die Nutzfläche. Das Regal DS hat 3 gleiche Böden und kann zusätzlich durch zwei Buchstützen erweitert werden. Fast alle Teile des Container DS wurden so zu einem neuen Möbel zusammengefügt, das weit mehr Dinge aufnehmen kann.
herzlichen Dank für die Zusammenarbeit an Philipp Witte und Stephan Dornhofer
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herzlichen Dank für die Zusammenarbeit an Philipp Witte und Stephan Dornhofer